Hartz IV muss weg! Oder doch nicht?
Anmerkungen zu einer neu entfachten Kontroverse in der Linkspartei
Bis Juni 2013 soll das Wahlprogramm der Linkspartei stehen – nach breiter Diskussion. In der Reihe »Was will die Linke?« zum Wahlprogramm der Partei sind an dieser Stelle bisher Texte von Ralf Krämer (hier), Halina Wawzyniak (hier), Klaus Lederer (hier), Klaus Ernst und Jan Korte (hier) sowie des Sprecherrates der Antikapitalistischen Linken (hier), von Steffen Harzer (hier), Thomas Hecker (hier) sowie Tobias Schulze und Petra Sitte (hier), Ronald Blaschke (hier) sowie vom Koordinierungskreis der Emanzipatorischen Linken (hier), Ida Schillen (hier) und der Antikapitalistischen Linken NRW (hier) erschienen – die Debatte wird fortgesetzt.
Hartz IV muss weg! Oder doch nicht?
Anmerkungen zu einer (neu ausgebrochenen) Kontroverse in der LINKEN / Von Jürgen Aust
In der LINKEN ist seit der Veröffentlichung ihres Entwurfs eines Bundestags-Wahlprogramms eine scharfe Kontroverse darüber ausgebrochen, wie konsequent sie denn heute noch zu ihrem Gründungskonsens »Hartz IV muss weg!« steht. So hielt Ralf Krämer, Mitglied des Sprecherrates der »Sozialistischen Linken«, der im Entwurf enthaltenen Forderung nach einer Mindestsicherung von 1050 Euro in einer ungewöhnlich polemisch vorgetragenen Kritik im »neuen deutschland« entgegen, diese »Forderung ist unrealistisch, nützt niemandem und schadet der LINKEN«. In seinem ergänzend verfassten Änderungsantrag erklärt er darüber hinaus, dass eine solche pauschalisierende Forderung zu »gravierenden Ungerechtigkeiten« führe und es sei »völlig unangemessen, von den sehr unterschiedlichen Wohnkosten abzusehen«. Krämer steigert sich in diesem Antrag sogar zu der Behauptung, dass diese Forderung ein »gefundenes Fressen für gegen DIE LINKE gerichtete Kampagnen von «Bild» und Co.« sei.
Wie nicht anders zu erwarten, stieß diese Stellungnahme ebenfalls auf massive Kritik. Ronald Blaschke, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Katja Kipping, entgegnete, dass Ralf Krämers Kritik »nicht nur fachlich, sondern auch politisch katastrophal« sei. Sie bediene »die üblichen Argumente der Parteien rechts der LINKEN (…) Es kann nicht sein, Parteibeschlüsse in Frage zu stellen, das Existenzminimum klein zu rechnen und Menschen zu Armut zu verdammen.«
Diese Kritik wurde in einem weiteren Beitrag der Strömung »Emanzipatorische Linke« dahingehend zugespitzt, dass Ralf Krämers Kritik, die Forderung nach einer Mindestsicherung von 1050 Euro würde niemanden nützen, »bezeichnend (sei) für die Kultur der Verachtung, mit der die Menschen zu kämpfen haben, die von Transferleistungen abhängig« seien. Der Leitspruch der von Krämer repräsentierten Strömung laute »realistisch und radikal«, seine vorgeschlagenen Änderungen seien jedoch weder das eine noch das andere.
Trotz dieser massiven Kritik hat der Bundessprecherrat der »Sozialistische Linke« in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Wahlprogramms die Position von Ralf Krämer nahezu wortgleich übernommen, wenn es dort heißt: »Wir halten sie für unrealistisch und schädlich: ihre Umsetzung würde «die lohndrückende Kombilohnwirkung des ALG ll (Aufstockerei) stark erweitern und wäre enorm teuer (weit über 50 Mrd. Euro jährlich). Das Grundsatzprogramm fordert eine bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung. die Armut tatsächlich verhindert. Eine Pauschalierung wird dem aufgrund der sehr unterschiedlichen Wohnkosten und Sonderbedarfe nicht gerecht.»«
Es besteht deshalb Veranlassung, sich noch einmal dessen zu vergewissern, worum es bei der Losung »Hartz IV muss weg!« eigentlich gehen und welche »roten Haltelinien« die LINKE dabei nicht überschreiten sollte.
Das Hartz IV-System
Der Sozialwissenschaftler Friedhelm Hengsbach kritisierte »Hartz IV« zurecht als einen »Bürgerkrieg der politischen Klasse gegen die arm Gemachten«. Denn mit »Hartz IV« wurde ein Zwangssystem in Gestalt eines das Existenzminimum unterschreitenden Regelsatzes und ein »Sanktionsregime«, welches 2012 zu einem Rekordhoch von über eine Million verhängten Sanktionen führte, von langer Hand politisch etabliert. Während bis zum Inkrafttreten von Hartz IV Anfang 2005 die bei Arbeitslosigkeit eingreifenden Geldleistungen von Arbeitslosengeld und -hilfe damit verbunden waren, dass ergänzende Sozialleistungsansprüche in Form von Wohngeld und insbesondere Kindergeld bestanden, wurden mit Einführung von Hartz IV die Leistungen radikal auf Sozialhilfeniveau reduziert mit der Folge, dass jegliche ergänzenden Sozialleistungen nunmehr angerechnet wurden.
Mit dem Absturz in Hartz IV hatte zum Beispiel eine Familie mit zwei minderjährigen Kindern, die zuvor die zeitlich unbegrenzte Arbeitslosenhilfe und ergänzendes Wohn- und Kindergeld bezog, monatlich ca. 800 Euro (!) weniger zum Leben. Eines der maßgeblichen Ziele der sogenannten Hartz-Reformen bestand in der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, um damit der seit Jahren von der Bertelsmann-Stiftung und anderen kapitalabhängigen Think Tanks aufgestellten Forderung zu entsprechen, die Sozialleistungssysteme radikal zu »verschlanken« und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nachhaltig zu verbessern (was bereits in der »Lissabon-Strategie« im Jahre 2000 formuliert wurde).
Für die in der LINKEN ausgebrochenen Kontroverse hat die Zusammenführung von Arbeits- und Sozialhilfe deshalb eine besondere Bedeutung, weil nunmehr Millionen von betroffenen Menschen nicht nur eine Geldleistung auf Sozialhilfeniveau erhielten, sondern auch im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage ihre Mietkosten unter einem neuen Zwangsregime verwaltet wurden: Sämtliche Mietkosten, die bisher durch Arbeitslosenhilfe und ergänzendem Wohngeld bezahlbar waren, wurden auf Sozialhilfeniveau gedrückt mit der Folge, dass inzwischen mehrere Millionen Betroffene damit konfrontiert wurden, erheblich geringere »Kosten der Unterkunft« (KdU) von der ARGE/Jobcenter zu erhalten, als sie zwecks Vermeidung von Kündigung und Zwangsräumung an die Vermieter zu zahlen hatten.
Um die damit verbundene Einsparung zu verdeutlichen: 2012 wurden zum Beispiel in Duisburg rund 7,5 Millionen Euro und in Köln etwa 9,5 Millionen Euro an KdU nicht »anerkannt«, weil die gekürzten Mietkosten in geringfügigem Umfang über den von den Kommunen in der Regel zu niedrig festgesetzten Mietobergrenzen lagen. Es dürfte sich also seit Einführung von Hartz IV allein bei den Mietkosten um ein bundesweites Einsparungsvolumen in Höhe einer zweistelligen Milliardensumme handeln (eine offizielle Statistik existiert bezeichnenderweise nicht). Da die meisten Hartz-IV-BezieherInnen jedoch nicht gewillt sind, aus ihren zumeist seit vielen Jahren bewohnten Wohnungen auszuziehen, sind sie gezwungen, die fehlenden Mietkosten aus dem Regelsatz zu bestreiten, was zu einer weiteren Verschärfung ihrer ohnehin prekären Lebensverhältnisse führt.
Eine linke Alternative zu Hartz IV sollte konsequent mit der »Hartz IV-Logik« brechen
Wenn also die Forderung »Hartz IV muss weg!« konsequent zu Ende gedacht wird, sollte auch konsequent mit der Logik des Hartz IV-Systems gebrochen und eine einheitliche bedarfsdeckende Geldleistung gefordert werden, die das oben aufgezeigte Zwangs- und Repressionssystem überwindet. Die Forderung der LINKEN nach einer »bedarfsorientierten und repressionsfreien Mindestsicherung« muss deshalb auch eine Antwort darauf geben, welche Alternative sie zu den hunderttausendfachen Klageverfahren vor den Sozialgerichten wegen gekürzter Mietkosten fordern will, wenn sie mit diesem Massenelend tatsächlich Schluss machen will.
Die von Ralf Krämer und der »Sozialistischen Linken« aufgestellte Behauptung, eine pauschalierte Geldleistung führe zu »gravierenden Ungerechtigkeiten« und es sei »insbesonders völlig unangemessen, von den sehr unterschiedlichen Wohnkosten abzusehen«, führt im Ergebnis, wie oben dargestellt, gerade nicht zu einem Bruch mit der »Hartz-IV-Logik«, sondern versucht lediglich, an den Rändern von Hartz IV nachzujustieren, statt zu diesem Repressionssystem eine konsequente und linke Alternative zu formulieren. Demgegenüber würde eine einheitliche Geldleistung in Höhe von 1050 Euro, wie bei der früheren Arbeitslosenhilfe, den Jobcentern endlich die Möglichkeit nehmen, aufgrund nicht bewilligter Mietkosten die betroffenen Menschen weit unter das Existenzminimum zu drücken, da eine einheitliche Geldleistung in bedarfsorientierter Höhe den gesamten Bedarf einschließlich Mietkosten abdecken würde. Es würde damit auch den tausendfachen Widerspruchs- und Klageverfahren ein Ende gesetzt, die im Bereich der KdU seit Jahren prozentual den größten Anteil bei den sozialgerichtlichen Verfahren darstellen. Den im Bundesgebiet unterschiedlich hohen Mietkosten muss dadurch Rechnung getragen werden, dass ebenso wie beim ALG l als einer einheitlichen Geldleistung im Bedarfsfall ein Anspruch auf anrechnungsfreies (!) Wohngeld besteht, so dass darüber einer höheren Miete in Köln oder München Rechnung getragen werden kann.
Die von Ralf Krämer bzw. der »Sozialistischen Linken« vorgetragene Kritik ist darüber hinaus von einer erstaunlichen Ignoranz geprägt. So wird eingewendet, die Forderung von 1050 Euro orientiere sich an der »Armutsrisikogrenze«, die jedoch »grundsätzlich ungeeignet zur Bestimmung der konkreten Höhe sozialer Mindestsicherungsleistungen« sei, weil sie Haushalte und nicht Einzelpersonen betrachte. Da Ralf Krämer sich ausdrücklich einer »gewerkschaftsorientierten« Strömung zurechnet, sei ihm statt vieler ein Blick in die vom DGB herausgegebene Publikation »arbeitsmarkt aktuell« vom Dezember 2012 empfohlen, die sich mit dem neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung befasst.
Dort wird tabellarisch die »Armutsschwelle«, unterteilt nach der Mikrozensus-Methode einerseits und der Methode des Sozialökonomischen Panels (SOEP) andererseits, auf der Grundlage des SOEP ausdrücklich für Alleinstehende dokumentiert, wonach der für das Jahr 2009 ermittelte Wert 966 Euro beträgt (»Soziale Schere klafft weiter auseinander: Zum neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung«). Bei gleichbleibender Entwicklung der Armutsrisikogrenze des SOEP dürfte diese im Jahr 2013 bei ca. 1070 Euro liegen. Das Europäische Parlament hatte mit seiner Entschließung vom 20. Oktober 2010 bereits die Auffassung vertreten, dass »ein angemessenes Mindesteinkommen bei mindestens 60 Prozent des Medianeinkommens (Armutsrisikogrenze) des jeweiligen Mitgliedstaates liegen muss«, so dass DIE LINKE doch mehr als schlecht beraten wäre, diese Entschließung nicht zum Maßstab ihrer Position zur Höhe einer »bedarfsorientierten und repressionsfreien Mindestsicherung« zu machen.
Auch der Einwand der »Sozialistischen Linken«, die Umsetzung einer Mindestsicherung von 1050 Euro würde die lohndrückende Kombilohnwirkung des ALG ll stark erweitern, könnte eher von der sozialpolitischen Abteilung des Konrad-Adenauer-Hauses stammen, als von einer gewerkschaftsorientierten Strömung, die sich der Überwindung kapitalistischer Verhältnisse verschrieben hat. Eine solche Position verkennt doch diametral das Interesse des Kapitals an niedrigen Sozialleistungen, um erwerbslose Menschen zu zwingen, Arbeit zu geringstmöglichen Löhnen zu akzeptieren. Deshalb forderte doch bereits vor Jahren der damalige Vorsitzende des Sachverständigenrates, Wolfgang Franz, die Absenkung des Regelsatzes um 30 Prozent (!), um dadurch den »Anreiz« zur Aufnahme von Arbeit zu Sklavenlöhnen zu steigern.
Die Argumentation der »Sozialistischen Linken« verkennt darüber hinaus, dass jede Mindestsicherung eine Kombilohnfunktion hat, wenn das Lohnniveau eine menschenwürdige bzw. existenzsichernde Höhe unterschreitet. Die alleinige Konsequenz daraus kann doch offensichtlich nur darin bestehen, für einen Mindestlohn einzutreten, der jegliche Kombilohnfunktion ausschließt, also aktuell mindestens 12 Euro bzw. darüber liegen müsste. Denn das eigentliche Problem dürfte doch bei einer aktuell gewerkschaftlichen Mindestlohnforderung von lediglich 8,50 Euro liegen, die in der Tat eine Kombilohnwirkung hat, weil sie bei einer 40-Stunden-Woche und einem Nettolohn von ca. 1020 Euro die aufstockende Wirkung nicht beseitigt, weil z.B. jede(r) Alleinerziehende aufstockende Hartz IV-Leistungen in Anspruch nehmen müsste. Insofern ist auch dieser Einwand der »Sozialistischen Linken« alles andere als »realistisch und radikal«.
Schließlich muss auch die Behauptung von Ralf Krämer auf Verwunderung stoßen, dass angeblich keine gesellschaftlich relevante Gruppe eine Forderung nach 1050 Euro Mindestsicherung stelle. Ralf Krämer sei deshalb empfohlen, sich noch einmal etwas intensiver mit den jährlichen Memoranden der »Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik« zu befassen, also einer Gruppierung, deren gewerkschaftliche Orientierung Ralf Krämer doch vermutlich teilen dürfte. Diese Gruppe hatte bereits im »Memorandum 2008« unter anderem »die Einführung einer bedarfsorientierten Grundsicherung von 1000 Euro« gefordert und somit eine Position vertreten, die der aktuellen Forderung nach einer Mindestsicherung von 1050 Euro und ihrer inneren Logik weitestgehend entsprechen dürfte.
Bisher enthält der Entwurf des BT-Wahlprogramms keine konsequente Absage an das Hartz IV-System
Aber auch der PE enthält leider keine konsequente Absage an das Hartz IV-System. Deshalb kritisierte Ida Schillen, Mitglied des Parteivorstandes der LINKEN, völlig zurecht, dass der Entwurf zum Wahlprogramm zentrale Forderungen in ein völlig unrealistisches »Zeitschema« stellt, wenn dort von Sofort- und mittelfristigen Maßnahmen die Rede sei und in dem Papier der Parteivorsitzenden »10 Jahre Agenda 2010« sogar ein Zeitfenster bis 2020 eröffnet wird, um sicherzustellen, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Erwerbslose und kein Erwerbsloser mehr von Armut bedroht ist.
Während der Beschluss des Göttinger Parteitages vorsieht, dass eine »individuelle sanktionsfreie Mindestsicherung oberhalb der Armutsrisikogrenze zurzeit mindestens in Höhe von 1050 Euro netto monatlich« erforderlich sei, wird dieser Parteitagsbeschluss im PE dahingehend relativiert, dass eine Anhebung des Regelsatzes auf 500 Euro gefordert wird und darüber hinaus lediglich »ein Konzept (eingebracht wird), in dem keine Mindestsicherung mehr unter 1050 Euro liegt.« In dem Papier »10 Jahre Agenda 2010« taucht diese Forderung erst gar nicht mehr auf und von der zentralen Forderung »Hartz IV muss weg!« ist überhaupt keine Rede mehr. Diese Relativierung einer bisher konsequenten Absage an das repressive Hartz-IV-Regime nährt immer wieder zurecht den gegen die LINKE erhobenen Vorwurf, sie versuche durch Schleifung zentraler Positionen ihre Koalitions- und Anschlussfähigkeit zu bewahren.
Auch bleiben viele zentrale Forderungen völlig unverbindlich, wenn es zum Beispiel heißt: »Die LINKE fordert ein Erwerbslosengeld, das leichter zugänglich ist und länger gezahlt wird.« Diese Forderung betrifft einen der entscheidenden Richtungswechsel in der Arbeitsmarktpolitik durch die »Hartz-Reformen«, indem die Bezugsdauer des ALG l auf zwölf Monate beschränkt wurde und anschließend der Sturz in Hartz IV folgt. Dies war und ist eine der wesentlichen Ursachen dafür, dass die Armutsentwicklung massiv anstieg, weil nur noch ca. 25 Prozent der registrierten Arbeitslosen Anspruch auf die Versicherungsleistung des SGB lll haben und die Masse der Arbeitslosen vom Hartz-IV-Regime verwaltet wird.
Was heißt also, das ALG l soll »länger gezahlt« werden? So lange, wie zur Zeit der Kohl-Regierung, als die Bezugsdauer für über 55-jährige bereits 32 Monate betrug? Eine konsequente linke Alternative zu diesem »Bürgerkrieg gegen die arm Gemachten« sollte doch eher in der Forderung bestehen, dass der Verlust des Arbeitsplatzes mit einem zeitlich unbegrenzten Anspruch auf ALG l verbunden sein müsste, um den Absturz in Armut konsequent zu verhindern.
Ebenso wenig stellt auch die Orientierung auf einen öffentlichen Beschäftigungssektor (ÖBS) eine Absage an das Hartz-Regime dar. Ein ÖBS auf der Grundlage, wie er von der Linkspartei in Berlin oder aktuell in Brandenburg vertreten bzw. praktiziert wird, bleibt Bestandteil des Hartz-IV-Regimes und damit prekärer Beschäftigung, auch wenn die im aktualisierten Entwurf geforderte Entlohnung 1500 Euro betragen soll. Der bisher praktizierte ÖBS stellt ein »Förderprogramm« für Langzeitarbeitslose dar, die als Voraussetzung »multiple Vermittlungshemmnisse« haben müssen, um die Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen. Der ÖBS ist also Teil einer stigmatisierenden Aktivierungsideologie, der sich eine LINKE, die die Forderung »Hartz IV muss weg!« zum Programm erhebt, konsequent verweigern sollte, wenn sie sich nicht dem Verdacht aussetzen will, dass auch sie nur »Hartz IV light« will.
Deshalb wird es in der weiteren Debatte notwendig sein, dem Motto des PE »100 Prozent sozial« mit einer konsequenten Alternative zur herrschenden Arbeitsmarktpolitik und insbesondere dem Hartz IV-System schärfere Konturen zu verleihen.
Jürgen Aust ist Mitglied im Landesvorstand der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen und Sprecher des Landesverbandes der Antikapitalistischen Linken.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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