Das Peter-Prinzip

Um den Abstieg aus der zweiten Liga zu verhindern, holt Bochum Peter Neururer

  • Andreas Morbach, Bochum
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Montagnachmittag tuckert ein kleiner Traktor über den Trainingsplatz vor dem Stadion des VfL Bochum. Der Rasen ist vom langen Winter ramponiert, der Dünger, der aus kleinen Düsen gleichmäßig fließt, soll das Grün schnell wieder zum Sprießen bringen. So wie der frisch reaktivierte Feuerwehrmann Peter Neururer den übel zugerichteten Zweitligisten aus dem Revier zumindest so weit erblühen lassen soll, dass es bei dem vor vielen Jahren einmal unabsteigbaren Bundesligisten nicht den ganz großen Knall gibt. Und am 19. Mai der Gang in die Drittklassigkeit ansteht.

Mit der Vorstellung von Neururer weht zumindest wieder für eine Stunde ein Hauch von Erstklassigkeit durch die Flure des VfL. Der Presseraum ist proppenvoll - so voll wie seit dem letzten Abstieg vor drei Jahren nicht mehr, staunen die, die den Klub bei seinem sportlichen Niedergang Tag für Tag begleiten. Und hinter den Scheiben, draußen an den Gitterzäunen, drängen sich viele VfL-Fans, die einen Blick auf den neuen alten Trainer erhaschen wollen.

Mit fünf Minuten Verspätung gibt es den auch. Begleitet von Aufsichtsratschef Hans-Peter Villis tritt der 57-jährige Fußballlehrer aus einer Seitentür, die linke Hand lässig in die Hosentasche geschoben und sagt: »Das große Interesse hat in erster Linie mit der Situation des Vereins zu tun.« Das ist zum Teil pure Koketterie des Mannes, der auch zum Start in sein zweites Engagement bekennt: »Jetzt muss mehr gearbeitet als geredet werden - auch wenn mir das schwer fällt.« Anderseits ist es die traurige Wahrheit über den früheren UEFA-Cup-Teilnehmer, dem viele Insider prophezeien, dass es in den verbleibenden sechs Partien nicht mehr darum geht, den aktuell belegten Relegationsplatz nach oben zu verlassen. Sondern mit Blick nach unten, im Duell mit dem Vorletzten Sandhausen, den direkten Abstieg zu vermeiden.

Ein Himmelfahrtskommando, das räumt selbst Notarzt Neururer ein. »Ich weiß ganz genau: Das ist die schwerste Aufgabe, die ich als Trainer je hatte«, sagt der Hobbygolfer und TV-Experte, der gefühlt schon zwei Dutzend Vereine trainiert hat, ehe er scheinbar für immer vom Radar des Profifußballs verschwand. Aber nun ist er wieder da, für ein höchst kompliziertes Zweitligafinish, das für Bochum am Sonntag in Cottbus beginnt. »Wir erwarten sehr viel von Peter Neururer - vor allem einen Schub für die Mannschaft und dass mit ihm als Trainer ein Stück weit die Last von ihr abfällt«, betont VfL-Boss Villis und macht zugleich deutlich: »Wir müssen in den nächsten Wochen auf Sicht fahren. Es ist ein Sechs-Spiele-Engagement.«

Peter Neururer, der am Ende seiner ersten Bochum-Schleife mit dem VfL abstieg, sieht das allerdings etwas anders. Stressiger als die letzten Jahre des nur bedingt süßen Nichtstuns kann das Rettungskommando in Bochum für Neururer ohnehin nicht werden. Vor zehn Monaten überlebte er einen Herzinfarkt, nach vier Wochen war er wieder auf dem Damm - und sagt am Montag: »Ich gehe regelmäßig zum Arzt. Ich hatte damals schon sehr gute Werte, jetzt noch bessere - und trotzdem ist das damals passiert.« Woraus Neururer schließt: »Diesen Herzinfarkt hätte ich nicht erlitten, wenn ich im Job gewesen wäre.«

Das ist er nun wieder, und er will bleiben. Nicht nur für sechs Spiele in der zweiten Liga. Nachdem Bochum ähnlich wie kürzlich die TSG Hoffenheim ganz fest an der Reißleine gezogen und neben Trainer Karsten Neitzel auch gleich noch Sportvorstand Jens Todt entlassen hat, sind mehrere Jobs frei beim VfL. Für Peter Neururer kommt fürs Erste aber nur einer in Frage. »Schaffen wir den Klassenerhalt«, glaubt er, »dann wird mein Engagement hier länger dauern.«

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