Weil sie keine Reue zeigte und »haftgewohnt« war

Martha Hadinsky - erst von den Nazis, dann von der bundesdeutschen Justiz verurteilt

  • Hans Canjé
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Vorwürfe gegen die Angeklagte wogen schwer: »Vergehen und Verbrechen«, begangen durch Tätigkeit für die am 16. August 1956 verbotene KPD. Diese Worte fielen am 27. August 1959 im Prozess gegen Martha Hadinsky vor der 1. Große Strafkammer des Landgerichts Dortmund.

Die Vorwürfe gegen die Angeklagte wogen schwer: »Vergehen und Verbrechen«, begangen durch fortgesetzte Tätigkeit für die am 16. August 1956 verbotene KPD. Zu Gunsten der Angeklagten sei dabei zu berücksichtigen, »dass sie im sogen. Dritten Reich schweres Unrecht erlitten hat, an dessen Folgen sie noch heute leidet«. Sie sei jedoch von der Rechtmäßigkeit ihres Tuns überzeugt »und hat sich insoweit grundsätzlich rechtsfeindlich erwiesen«. Diese Worte fielen am 27. August 1959 im Prozess gegen Martha Hadinsky vor der 1. Große Strafkammer des Landgerichts Dortmund. Die Strafe: Ein Jahr und drei Monate Gefängnis.

Mit 24 Jahren war die 1911 geborene Martha Hadinsky (Foto: Archiv) wegen ihres aktiven Engagements in einer antifaschistischen Jugendgruppe verhaftet worden. Im Duisburger »Jugendprozess« verurteilte sie ein Sondergericht 1936 zu acht Jahren Zuchthaus. In der Haft erkrankte sie an TBC. 1943 vorfristig »auf Bewährung« entlassen, nahm sie sofort illegale Kontakte wieder auf, so zu den Häftlingen des Bombenräumkommandos aus dem Zuchthaus Lüttringhausen.

1957 wurde Martha Hadinsky für die Jahre in Nazihaft eine monatliche Rente von 93 DM zuerkannt. Nun aber zeigte sie, wie bundesdeutsche Richter befanden, wieder »keine Reue«. Folgerichtig fanden sie, auch mit Verweis auf das »Vorleben« der Beschuldigten, eine »bedingte Entlassung nicht gerechtfertigt«. Sie müsse die ihr auferlegte Strafe restlos verbüßen. Da sie zudem in einem anderen Verfahren, in dem sie als Zeugin vernommen werden sollte, die Aussage »grundlos verweigerte«, verhängte das Gericht sechs Monate Beugehaft. Die endeten allerdings nach zehn Wochen, wegen »erheblicher Bedenken« daran, dass eine Fortdauer der Haft Martha Hadinsky zu einer Aussage veranlassen« könne. Denn: »Die Zeugin ... ist haftgewohnt und die bereits verbüßte erhebliche Zeit der Beugehaft hat sie nicht zu einer Änderung ihres Standpunktes zu zwingen vermocht.« Nun schlug die zuständige Landesrentenbehörde zu. Die Zahlung der Entschädigungsrente wurde eingestellt, die bereits gezahlten 3205 DM wurden zurückverlangt.

Vor 50 Jahren, am 26. April 1963, drei Tage vor dem Pfändungstermin, nahm sich Martha Hadinsky das Leben. Die Bezirksorganisation der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Mühlheim /Ruhr hat als »ehrendes Gedenken« an diese mutige Frau ihren Sitzungsraum im Gewerkschaftshaus an der Friedrichstraße nach Martha Hadinsky benannt.

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