Uli und Emmely

Wolfgang Hübner über die verräterische Sprache der Medien

Wahrscheinlich könnte Bayern-München-Präsident Hoeneß noch sonst was anstellen, eines bleibt er für die deutsche Öffentlichkeit: der Uli. Zwar heißt er tatsächlich Ulrich Hoeneß, aber die Medien haben den Uli nun mal ins Herz geschlossen. So ist das mit Publikumslieblingen, auch wenn sie später ins Steuerparadies abwandern oder für Kriegseinsätze mitverantwortlich sind. Herr Fischer bleibt der Joschka, Herr Becker bleibt der Boris, Beckenbauer bleibt der Kaiser, Herr Schumacher bleibt der Schumi. Und Herr Hoeneß bleibt der Uli. Selbst in hochseriösen Nachrichtensendungen und Druckerzeugnissen heißt er fast durchgängig Uli Hoeneß. Das wird noch begünstigt dadurch, dass im Sport, erst recht im Fußball der Abstand zwischen Sportlern, Funktionären und Medien besonders gering ist. Man kennt sich, man duzt sich, man tut einander möglichst nicht weh.

Da verwundert es auch nicht, dass im Zusammenhang mit dem Uli immer noch der Begriff Steuersünder fällt. Das klingt nett und man stellt sich vor: ein bisschen beichten, ein paar Vaterunser, ein paar Silberlinge in den Opferstock, und alles ist gut. So ähnlich ist es ja mit der Selbstanzeige. Es gibt kleine und große Sünden, und das Vergehen des Ulrich Hoeneß gehört zweifellos zu den größeren. Steuerbetrug wäre der angemessene Begriff. Ganz selbstverständlich berichten dagegen etliche Medien über Hartz-IV- oder auch Sozialbetrug – obwohl es sich hier meist um kleine und kleinste Beträge handelt. Und um Leute, die auf der Reichtumsskala ganz unten sitzen. Im berühmt gewordenen Fall jener Kassiererin Emmely, die sich einen Pfandbon über ein paar Cent angeeignet haben soll und deshalb entlassen wurde, war wie selbstverständlich von Pfandbon-Betrug die Rede. Hat jemand sie eine Pfandbon-Sünderin genannt? Natürlich nicht. Emmely ist eben nicht Uli.

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