Angst vor dem Frühling

Abschiebestopp für Roma läuft aus

  • Lesedauer: 2 Min.

Mit warmen Worten wurde der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, auf dem Parteitag der Grünen empfangen. »Wir werden nicht vergessen, dass eine halbe Million Sinti und Roma in den KZ getötet wurden. Auch deswegen stehen wir an eurer Seite«, sagte Parteichefin Claudia Roth. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) habe mit seiner Debatte über »Asylmissbrauch« den Hass auf die hier lebenden Roma angeheizt, kritisierte sie.

Rose bedankte sich artig für die Einladung. Er wies in seiner Rede auf die menschenunwürdigen Bedingungen hin, unter denen Roma in Südosteuropa leben müssen. Aber deren Probleme müssten in deren »Heimatländern gelöst werden, nicht in Deutschland«. Das Grundrecht auf Asyl solle im Einzelfall sorgfältig geprüft werden.

Eckpunkte des grünen Wahlprogramms

Steuern und Finanzen: Der Spitzensteuersatz soll für Einkommen ab 80 000 Euro auf 49 Prozent steigen. Eine Abgabe auf Vermögen ab einer Million Euro soll rund 100 Milliarden Euro einbringen. Statt Ehegattensplitting soll es eine Individualbesteuerung geben, wobei der Grundfreibetrag übertragen werden kann.

Innere Sicherheit: Die Grünen wollen auf den Einsatz von V-Leuten für geheimdienstliche Arbeit im Inland verzichten. Beim Verfassungsschutz soll eine völlige »Neugründung« vorgenommen werden.

Arbeit: Die Grünen fordern einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro pro Stunde. Die Höhe soll eine Kommission aus Gewerkschaftern, Arbeitgebern und Experten festlegen.

Investitionen: Ganztagsschulen und Kitas wollen die Grünen ausbauen. Geplant ist ein Klimaschutzgesetz mit einem Investitionsvolumen von 3,5 Milliarden Euro, außerdem zwei Milliarden Euro für energetische Gebäudesanierung.

Energie und Klima: Bis 2030 wollen die Grünen die Stromversorgung auf Erneuerbare umstellen. Auch Kohlekraftwerke soll es dann nicht mehr geben.

Gesundheit: Eine Bürgerversicherung für alle soll das Zwei-Klassen-System von gesetzlicher und privater Krankenversicherung beenden. In die Berechnung einfließen sollen auch Kapitaleinkünfte. Die Bemessungsgrenzen sollen zugunsten niedrigerer Beitragssätze angehoben werden.

Soziales: Langjährig Versicherte sollen eine steuerfinanzierte Garantierente von mindestens 850 Euro erhalten. Der Hartz-IV-Regelsatz soll auf 420 Euro steigen. Sanktionsregeln für Leistungsempfänger sollen entschärft, und bis dahin ausgesetzt werden.

AFP/nd

Nicht zu Sprache kam, dass auch Bundesländer, in denen die Grünen mitregieren, Roma auf den Balkan abschieben, obwohl ihnen dort »ein Leben in Armut, Obdachlosigkeit und der Verlust jeglicher Lebensperspektive« droht, wie es vonseiten der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl heißt. Die Situation für Roma sei dort durch gesellschaftliche Diskriminierung und Ausgrenzung gekennzeichnet.

Eine andere Auffassung vertritt das grün-rot regierte Baden-Württemberg. Mitglieder des Petitionsausschusses waren im Januar 2012 nach Kosovo gereist. Der Ausschuss hatte sich einstimmig darauf geeinigt, dass kein generelles Abschiebehindernis vorliege. Im November wurden nach Informationen der »taz« Roma u.a. aus Baden-Württemberg nach Kosovo abgeschoben.

Immerhin hatte sich das Land zu einem Abschiebungsstopp über die Wintermonate für Familien mit minderjährigen Kindern durchringen können. Auch andere Bundesländer, darunter solche mit grüner Regierungsbeteiligung wie Rheinland-Pfalz, Bremen und Schleswig-Holstein, hatten einen Abschiebungsstopp für besonders schutzbedürftige Personen erlassen. Dieser ist nun ausgelaufen. Dieses Jahr sollen Sammelcharter monatlich vom Flughafen Düsseldorf in die Staaten Ex-Jugoslawiens fliegen. Mit dem Winterabschiebestopp sei viel erreicht worden, findet Roth. »Da ist man stolz, eine Grüne zu sein.« Aert van Riel

Weiterlesen:

Mit Maß und Mitte
Die Grünen schließen beim Steuerstreit einen Kompromiss und lehnen radikalere Forderungen ab

Steuern hoch, V-Leute weg
Grünen-Parteitag stimmt mit großer Mehrheit für das Wahlprogramm

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.