GPS im Holzhaufen
Hessen ist Dieben mit Hightech auf der Spur
Kassel. Ein roter Punkt auf einem schwarzen Kunststoffgehäuse, nicht größer als eine Streichholzschachtel - was so unscheinbar aussieht, soll Holzdieben das Leben schwer machen. Der sogenannte Forsttracker überwacht Brennholzstapel im Wald und alarmiert bei einem Diebstahl den Eigentümer. »Ziel und Aufgabe ist nicht, die Diebe zu überführen, sondern Diebstahl zu verhindern«, betont Andreas Schmitt, Leiter des Forstamts Frankenberg in Nordhessen. Der Landesbetrieb Hessen-Forst, der den hessischen Staatswald verwaltet, sei damit führend in Deutschland. Vergleichbare GPS-Sender werden bereits von Autovermietungen verwendet.
Vor allem wegen der gestiegenen Energiekosten habe die Nachfrage nach Brennholz zugenommen, berichtet Matthias Opfer, der das Projekt beim Forstamt Frankenberg betreut. Von einem Baumstamm eines geschlagenen Stapels sägt er ein wenige Zentimeter breites Stück ab, höhlt den Stamm etwas aus und legt den GPS-Sender hinein. Das zuvor abgeschnittene Stück wird wieder befestigt und der Stamm mit ein wenig Dreck beschmiert - fertig. Auch die Sägespäne beim Einbau lässt Opfer verschwinden. »Da die Diebstähle meist im Halbdunkel passieren, ist das fast nicht zu erkennen. Es muss ja schnell gehen«, sagt er. Allein die Möglichkeit, einen Forsttracker zu erwischen, schrecke ab.
Doch zunächst schläft das Gerät - Strom sparen ist angesagt. Erst wenn das Holz bewegt wird, zum Beispiel beim Aufladen auf einen Lastwagen, beginnt die Technik, ein Satelliten-Navigationssignal zu senden. Mit einer SMS wird Hessen-Forst über den Vorfall informiert und kann die Polizei rufen. »Wir können am Rechner verfolgen, wohin dass Holz gefahren wird«, erzählt Schmitt. Über die gefahrene Geschwindigkeit kann sogar erkannt werden, ob es ein Lastwagen oder ein Traktor ist. Rund 300 Euro kostet ein Gerät, insgesamt muss mit Kosten von bis zu 450 Euro pro Jahr gerechnet werden.
Deshalb sieht die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) den Forsttracker auch skeptisch. »Er ist innovativ, aber auch mit Kosten verbunden«, sagt Sprecher Matthias von der Schulenburg. Das Gerät, von dem man ja einige brauche, sei für private Waldbesitzer noch nicht finanzierbar.
Bei einem erfolgreichen Test will Hessen-Forst das System auf das ganze Bundesland ausweiten. Andere Bundesländer testen das Gerät aus Hessen bereits verdeckt. Wie viele Geräte im Einsatz sind, darüber schweigt die hessische Forstverwaltung. Hessen-Forst bewirtschaftet rund 342 000 Hektar des hessischen Staatswaldes. Das Forstamt Frankenberg produziert mehr als 100 000 Kubikmeter Holz im Jahr.
Nach Angaben der Polizei in Nordhessen gab es in den vergangenen Jahren jeweils Dutzende Fälle von Holzdiebstahl. »Im Vergleich zu Tausenden Ladendiebstählen ist das kein großes Problem«, sagt Polizeisprecher Wolfgang Jungnitsch. Doch für den hessischen Staatswald kann jeder einzelne Fall in die Tausende gehen. Nach Angaben von Hessen-Forst wird jährlich im Staatswald Holz im Wert von fast einer Million Euro gestohlen. Bundesweite Zahlen zu Brennholzdiebstahl gibt es nach Angaben der AGDW nicht.
Die Hehlerware werde entweder für den Eigenverbrauch genutzt oder aber direkt an Endkunden verkauft, sagt Schmitt. Auch während der Testphase des Forsttrackers gab es mehrere Alarme. Einmal hatte ein Fahrer einen falschen Stapel Holz geladen und zu einem falschen Holzwerk gebracht. Der Irrtum konnte aber aufgeklärt werden. Ein anderer »echter« Dieb zerstörte den Tracker beim Holzhacken. Er wurde gefasst.
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