Geplante Eskalation? Polizei kesselt Frankfurter Blockupy-Demo
Massives Vorgehen der Polizei / Berichte über Schwerverletze / Scharfe Kritik an Politik: Linke spricht von gezieltem Angriff auf friedliche Demo
Frankfurt am Main (Agenturen/nd). Nach Angaben des Blockupy-Bündnisses rund 20.000 Menschen wollten am Samstag gegen das kapitalistische Krisenregime und den politischen Kurs der Regierungen in der Eurokrise protestieren. Doch dann wurden die Demonstrierenden in Frankfurt mit einem massiven Polizeieinsatz an ihren Aktionen gehindert: Beamte setzten Schlagstöcke und Pfefferspray gegen die Demonstranten ein, von vor Ort wurden Angriffe mit Tränengas gemeldet. Demonstranten berichteten von mehreren schwer Verletzten aufgrund massiver Gewaltanwendung der Polizei. Das Blockupy-Bündnis sprach von einer geplanten Eskalation. Attac erklärte, es habe "erschütternden Szenen" gegeben.
"In einer offenbar vorbereiteten Aktion", so Attac weiter, habe die Polizei den vorderen Teil der Demonstration eingekesselt. "Stundenlang wurden die Demonstrierenden festgehalten und erst nach eingehender Personenkontrolle gehen gelassen. Während der Einkesselung kam es zu drastischen Übergriffen seitens der Polizei." Diese begründete ihr Vorgehen damit, dass gegen Auflagen verstoßen und Beamte angegriffen worden sei. Zur Begründung wurden unter anderem auf angebliche Verstöße gegen das Vermummungsverbot verwiesen - wegen mitgeführter Schirme und Sonnenbrillen. Ein Polizist wurde durch einen Stich mit einem Schraubenzieher verletzt, der Täter wurde vorläufig festgenommen.
Der Zug geriet mehrere Stunden lang ins Stocken, es begann ein langandauernde Diskussionen über die Bedingungen für eine Fortsetzung des Marschs, der auch in die Nähe der Europäischen Zentralbank führen sollte. Die Gesamtzahl der Teilnehmer wurde von der Polizei mit 7000 angegeben, 200 bis 400 seien eingekesselt worden. Blockupy spricht von rund 1000 Eingekesselten. Unter den Verletzten sind offenbar auch Journalisten, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Es sei "unglaublich", wie die Demonstrationsfreiheit außer Kraft gesetzt werde, sagte der Anmelder der Demonstration, Werner Rätz von Attac, am Rande der Proteste. Er gehe davon aus, dass es sich "um ein politisch inszeniertes Spektakel" handele. “Die Strategie der Polizei ist offensichtlich: Sie will eskalieren. Die Demonstranten sind der Polizei in den Verhandlungen weit entgegen gekommen, die Polizeiführung in Wiesbaden lehnt trotz weit gehender Angebote der Demonstrierenden jede Kooperation ab”, sagte Blockupy-Sprecher Roland Süß.
“Die politische Verantwortung für die Verhinderung der genehmigten Demonstration liegt in Wiesbaden", so Süß weiter. “Alles deutet darauf hin, dass diese Eskalation von der Polizeiführung in Wiesbaden von langer Hand vorbereitet worden und der Kessel an dieser Stelle von vornherein geplant worden ist”, sagte Blockupy-Sprecherin Ani Dießelmann. So seien etwa die Dixie-Toiletten für die Eingekesselten innerhalb weniger Minuten vor Ort gewesen. “Die standen offenbar schon passend bereit.”
Die Linkspartei nannte die Einkesselung einen "gezielten und von langer Hand geplanten Angriff auf eine bis dahin friedliche Demonstration". Die Bundesvorsitzende Katja Kipping erklärte: "Es liegt auf der Hand, dass die Gewalt in Frankfurt von der Polizei ausging."
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