Linke will Missbilligungsantrag gegen de Maizière
SPD: Minister hat offenkundig die Unwahrheit gesagt / Union: Haltloser und infamer Vorwurf
Berlin (Agenturen/nd). Die Linke will wegen der Drohnen-Affäre einen Missbilligungsantrag im Bundestag gegen Verteidigungsminister Thomas de Maizière stellen. »Jetzt führt kein Weg mehr an einem Missbilligungsantrag gegen de Maizière im Bundestag vorbei«, teilte Linken-Chef Bernd Riexinger der Nachrichtenagentur dpa mit. »Wir werden darüber mit den anderen Oppositionsfraktionen reden müssen.«
Ein Missbilligungsantrag ist das stärkste Instrument der Opposition, um Kritik an einem Regierungsmitglied zu äußern. Es bleibt aber in der Regel folgenlos. In der Geschichte des Bundestags sind bis auf einen alle Missbilligungsanträge mit Regierungsmehrheit abgelehnt worden.
Den Grünen warf Riexinger vor, de Maizière zu schonen. »Ich kann nicht recht verstehen, warum die Grünen ihn noch schützen», sagte er. Die Grünen haben als einzige Oppositionspartei noch nicht den Rücktritt des Ministers gefordert. »De Maizière muss einfach zurück treten«, sagte Riexinger. »Er hat sein politisches Schicksal mit dem Drohnen-Kartell verknüpft.«
SPD und Linkspartei reagierten angesichts der Ungereimtheiten mit wachsender Kritik. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sieht einen Rücktritt de Maizières nur noch als »eine Frage der Zeit«. Der CDU-Politiker habe »ganz offenkundig die Unwahrheit gesagt«, sagte Oppermann der »Bild am Sonntag«. Ein Verteidigungsminister, »der in einem so zentralen Punkt nicht die Wahrheit sagt, darf nicht länger im Amt bleiben«.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Ernst-Reinhard Beck, wies die Kritik vehement zurück. »Die SPD-Strategie besteht offenkundig darin, die Glaubwürdigkeit des Verteidigungsministers wider besseres Wissen mit einer Verdrehung der Fakten und haltlosen Vorwürfen zu zerstören.« Über allgemeine Probleme bei der Zulassung sei der Minister selbstverständlich informiert gewesen. Diese Probleme wurden ihm als Minister aber stets als lösbar geschildert. Deshalb sei es »infam und schlichtweg falsch, die Äußerungen des Ministers in Ingolstadt als Lügen zu bezeichnen«.
Das »Euro Hawk«-Projekt war Mitte Mai wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt worden. Bei der Vorlage seines Berichts vor dem Verteidigungsausschuss hatte der Minister diese Woche erklärt, am 1. März 2012 erstmals in einer allgemeinen Besprechung zu vielen Rüstungsvorhaben von Zulassungsproblemen gehört zu haben. Diese seien ihm als lösbar dargestellt worden. Kenntnis von unlösbaren Problemen habe er erst am 13. Mai 2013 erhalten.
Derweil hat de Maizière bekräftigt, dass er vor dem 13. Mai nur informell über die Probleme mit der Aufklärungsdrohne informiert war. Der unter Druck stehende CDU-Politiker sagte dem »Focus«, er »habe durchaus von Problemen gehört«, das Projekt sei im Ressort besprochen worden. Allerdings verwies er darauf, dass Gespräche auf Fluren keine offizielle Information ersetzten. »Der geordnete Geschäftsbetrieb eines jeden Ministeriums findet bestimmt nicht auf dem Flur statt.«
Inzwischen ist allerdings auch die FDP erstmals auf Distanz zu de Maizière gegangen. Ihr Generalsekretär Patrick Döring sagte der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«, man müsse »von einem Bundesminister erwarten, dass er die politische Brisanz solcher Flurgerüchte richtig einschätzt und schnellstmöglich Klarheit von seinen Beamten verlangt«. Nach Vorlage des Berichts hatte die FDP sich diese Woche noch hinter den Minister gestellt.
Unterdessen hat der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, Versäumnisse in der Affäre um die Aufklärungsdrohne »Euro Hawk« eingeräumt. »Natürlich sind bei der Beschaffung Fehler gemacht worden«, sagte er dem »Spiegel«. Und »natürlich hätte ich, zusammen mit anderen, früher auf Fehlentwicklungen hinweisen müssen. Diesen Schuh muss ich mir anziehen.« Wieker hält es für möglich, dass Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ihn wegen der Affäre entlässt. »Ich trage - zusammen mit anderen - große Verantwortung«, sagte Wieker. Die Entscheidung habe sich der Minister selbst vorbehalten. »Ich bin Soldat, trage es mit Fassung, wir sind nicht unersetzlich.«
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