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Roms Arzt
Ignazio Marino / Der anerkannte Chirurg soll Italiens Hauptstadt kurieren
Von Ignazio Marinos neuem Arbeitszimmer bietet sich der schönste Blick auf das Forum Romanum und das Kolosseum. Ob sich Marino daran erfreuen kann oder ob er nicht doch mit besorgtem und geschultem Blick auf seinen neuen Patienten schauen wird, fragt sich allerdings. Marino, eigentlich Chirurg, und ein international anerkannter dazu, ist ab heute Bürgermeister von Rom.
Sein neuer Patient hat etliche Probleme: In Rom leben drei Millionen Menschen, es herrscht ein ewiges Verkehrschaos, die Müllabfuhr funktioniert ebenso wenig wie der öffentliche Transport, die Finanzen sind mehr als nur knapp, Kunstwerke sind zwar schön, aber ungepflegt, ab und zu bröckelt ein Teil des Kolosseums, die Vorstädte sind vom kulturellen Leben der Stadt ausgeschlossen ...
Aber Angst macht dem knapp 60-jährigen Doktor, der gerne und viel lacht, ab und zu jedoch aus aus der Haut fährt, wenn die Dinge nicht so laufen, wie er sie gerne hätte, die neue Aufgabe nicht. Während der Wahlkampagne verbreitete er stets nicht nur Entschlossenheit, sondern auch gute Laune. Und eigentlich wirkt Ignazio Marino gar nicht wie ein Politiker, sondern mehr wie ein großer Junge, dem man eine neue Spielzeugeisenbahn geschenkt hat.
Das ist möglicherweise sogar einer der Schlüssel seines Erfolgs. Obwohl Marino seit zehn Jahren Politik macht und 2006 zum ersten Mal ins italienische Parlament gewählt wurde (zuerst als Unabhängiger, inzwischen in den Reihen der Demokratischen Partei), hat er sich stets von Parteiquerelen ferngehalten - und das, obwohl er nicht selten Meinungen vertritt, die sich gegen den Strom richten. Allgemein wird ihm nachgesagt, dass er zum »linken« Flügel der PD gehört. Er nennt sich einen gläubigen Katholiken, kann aber mit vielen Positionen der offiziellen Kirche überhaupt nichts anfangen. Er hat eben seinen eigenen Kopf. Und er hat ein ganz, ganz großes Verdienst: Bei der Stichwahl ums Bürgermeisteramt siegte er haushoch über den Amtsinhaber und faschistischen Schläger Gianni Alemanno. Mindestens 63 Prozent der Römerinnen und Römer sind ihm dafür dankbar!
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