Kahla gegen rechts
Mit Meile der Demokratie Nazifestival getrotzt
Kahla (epd/nd). Mit Sitzblockaden und einer Meile der Demokratie haben mehrere hundert Menschen am Samstag im ostthüringischen Kahla gegen den rechtsextremistischen »Thüringentag der nationalen Jugend« protestiert. Nach Angaben der Polizei standen etwa 550 Gegendemonstranten rund 160 Neonazis gegenüber, die an der von der NPD und Neonazi-Netzwerken organisierten jährlichen Veranstaltung teilnahmen. Der Tag sei weitgehend ruhig und friedlich verlaufen, sagte eine Polizeisprecherin.
Während ein Bündnis aus Kommune, Parteien, Politik, Kirchen und regionalen Initiativen im Zentrum Kahlas als Zeichen des Protestes zu einer Meile der Demokratie eingeladen hatte, versuchten linke Gruppen mit Sitzblockaden auf den Zufahrtsstraßen den Zugang zum Nazifest zu versperren. Die Polizei setzte auf Deeskalation, ließ die Blockierer gewähren und führte die Rechtsextremen an den Blockaden vorbei auf das Festgelände.
Für den »Thüringentag der nationalen Jugend« mit einschlägigen Musikgruppen und Reden hatten sich die Rechtsextremen am Samstag die Kleinstadt Kahla bei Jena auserkoren. Allerdings konnten sie nach Angaben der Polizei mit 160 Teilnehmern deutlich weniger Besucher mobilisieren als erwartet. Das Neonazi-Festival wurde 2002 zum ersten Mal in Jena ausgerichtet und macht seither jedes Jahr in einer anderen Thüringer Stadt Station. In Spitzenzeiten kamen bis zu 800 Besucher. »Es ist bitter mitzuerleben, dass solche Veranstaltungen überhaupt stattfinden«, sagte Landtagsvizepräsidentin Astrid Rothe-Beinlich (Grüne). Etliche der angereisten Rechtsextremen solidarisierten sich den Angaben zufolge einmal mehr unter dem Slogan »Freiheit für Wolle« mit dem einstigen NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, der im Münchner NSU-Prozess wegen Beihilfe zu neunfachem Mord angeklagt ist. Wohlleben gilt als Initiator des Festivals.
Der nationale Thüringentag sei »Ausdruck einer sich in den letzten Jahren in Kahla verfestigten Neonazi-Szene«, sagte Katharina König von der Linksfraktion im Thüringer Landtag. Die Stadt Kahla hat sich nach Einschätzung von Beobachtern der Szene zu einem Rückzugsort für Rechtsextreme entwickelt, nachdem deren Aktivitäten in Jena auf immer stärkeren Widerstand gestoßen waren. Nach Angaben des Bündnisses gegen Nazifeste hat es in den vergangenen Jahren und Monaten in Kahla immer wieder Übergriffe von Neonazis gegen engagierte Menschen gegeben. Laut der Sprecherin des linken Aktionsnetzwerkes Jena, Luise Zimmermann, wird von der rechten Szene in Kahla seit Monaten Geld für den NSU-Unterstützer Wohlleben gesammelt, Nach Angaben von Zimmermann trugen viele Teilnehmer des rechten Thüringentages schwarze T-Shirts mit der Aufschrift »Freiheit für Wolle« - als Solidaritätsbekundung für Wohlleben.
Auf der Meile der Demokratie in Kahla wurde am Samstag auch der Thüringer Demokratiepreis ausgelobt. Preisträger waren Jugendpfarrer Lothar König, das Bürgerbündnis gegen Rechts in Eisenach, ein Aktivist des Weimarer Bündnisses gegen Rechts und der Projekttag Weimarer Schüler. Zimmermann freute sich über der Erfolg der Proteste: Durch die Demonstrationen und Blockaden seien weniger Neonazis als angekündigt zu dem Thüringentag gekommen.
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