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Parteiverbot statt Auseinandersetzung mit Inhalten

Ein NPD-Verbot mag die Gemüter beruhigen, den Rassismus jedoch nicht aus der Mitte der Gesellschaft vertreiben

  • Elke Steven
  • Lesedauer: 3 Min.
Elke Steven verteidigt seit 18 Jahren mit dem Komitee für Grundrechte und Demokratie die Versammlungs- und Meinungsfreiheit.
Elke Steven verteidigt seit 18 Jahren mit dem Komitee für Grundrechte und Demokratie die Versammlungs- und Meinungsfreiheit.

Der Streit um einen NPD-Verbotsantrag dauert an. Es ist keine Frage, dass die NPD und die sie tragenden Personen zutiefst undemokratisch denken und handeln. Antisemitismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit sind tief in dieser Partei verankert. Ihre Orientierungen sind menschenverachtend. Skepsis gegenüber diesem Verbot wird jedoch vor allem deshalb laut, weil man befürchtet, der Verbotsantrag könnte scheitern - vor dem Bundesverfassungsgericht oder spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Nehmen wir einmal an, alle juristischen Verbotsprobleme könnten überwunden werden. Nehmen wir an, die ungezählten V-Leute der Verfassungsschutzämter, die zum Aufbau der Partei beigetragen haben, wären tatsächlich nicht mehr an entscheidenden Stellen an den das Verbot begründenden Aussagen beteiligt. Gehen wir sogar davon aus, es entstünde nicht sofort eine neue Partei, die die alten Orientierungen übernimmt und sich nur geschickter von den die Gedanken ausführenden und Gewalt gegen Menschen ausübenden Kameradschaften und Gruppen distanziert.

Müsste nicht allen demokratisch-menschenrechtlich orientierten Menschen das Lachen der Freude und des Sieges im Halse stecken bleiben? Ginge denn wirklich das Märchen in Erfüllung, dass Rassismus, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Nationalismus überwunden wären, sozusagen von der demokratischen „Mitte“ aus der Welt gekickt? Nein, sicher nicht! Nicht zuletzt über die Ausprägungen von Rassismus müssen wir uns alle immer wieder neu Gedanken machen und unsere Sprache und unsere Handlungen reflektieren.

Aber die sogenannte Mitte, die Innenminister, die Anfang der 1990er Jahre die Flut der Asylanten beklagten und als Antwort auf die tödliche Gewalt der Rassisten die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl forderten und durchsetzten, wie auch die, die heute die Flut der Armutsflüchtlinge aus Osteuropa beklagen und die Abwehr aller Unerwünschten und deren Abschiebung fordern, könnten sich auf die Schultern klopfen. Sie hätten ein undemokratisches Parteienverbot durchgesetzt. Ein Parteienverbot, das auf der Idee der streitbaren oder wehrhaften Demokratie fußt. Dieses auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung (fdGO) reduzierte Verfassungsverständnis führte in den 1970er Jahren zu den Berufsverboten, dann zu den vielen hoheitliche Verrufserklärungen gegenüber Demokraten, die als Linksextremisten bezeichnet werden, und zu den strafrechtlichen Verfolgungen von Antifaschisten, die den Nazis entgegentreten.

Müssen die politischen Machtphantasien, die sich auch darin äußern, dass man die Versammlungen von NPD und Kameradschaften immer wieder versucht zu verbieten, auch wenn dies rechtswidrig ist, dass man eine Partei verbietet, auf die man das Böse schlechthin projizieren kann, um sich nicht wirklich mit den Inhalten auseinanderzusetzen, nicht Angst machen?

Der Lernprozess, der in Dresden angestoßen wurde, ist viel bedeutsamer, als jedes Verbot von Meinungen es in einer Demokratie sein kann. Ja, es ist ein mühsamer Prozess, den viele „teuer“ bezahlt haben: die von Polizeigewalt Betroffenen, mit Strafprozessen Überzogenen, die, deren Daten gesammelt und die als Bürger generell unter Verdacht gestellt wurden. Aber offenbart sich der autoritäre Staat nicht ehrlicher, wenn er die bekämpft, die sich gegen NPD und Kameradschaften stellen? Dresden steht symbolisch für viele solche Auseinandersetzungen. Allerdings steht Dresden eben auch für eine bürgerliche Mitte, die jahrelang keine Probleme damit hatte, gemeinsam mit der NPD der Bombardierung der Stadt zu gedenken. Über viele Jahre des Kampfes gegen einen der größten Aufmärsche von NPD, Kameradschaften samt europäischen Nazis, ist inzwischen ein breites Bündnis entstanden, dass es als legitim erachtet, sich dieser brauen Ideologie in den Weg zu stellen. Das hat Dresden (zunächst) uninteressant für die Demonstrationen von NPD und Kameradschaften gemacht. Demokratie lebt vom politischen Meinungskampf, Parteienverbote gefährden die Demokratie.

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