Schröders Familienpflegezeit floppt

Linkspartei: CDU-Ministerin soll sich Scheitern eingestehen / SPD: Es fehlt der Rechtsanspruch auf Pflegezeit

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (nd). Die seit dem vergangenen Jahr bestehende Möglichkeit für Beschäftigte, eine Familienpflegezeit zu beantragen, um sich vorübergehend um hilfebedürftige Angehörige zu kümmern, wird kaum angenommen. Wie die »Saarbrücker Zeitung« berichtet, haben 2013 bislang lediglich 71 Beschäftigte beim zuständigen Bundesamt einen entsprechenden Versicherungsantrag gestellt, der für die Nutzung dieser Pflege-Auszeit zwingend vorgeschrieben ist. Im ersten Jahr waren ganze 102 Versicherungsabschlüsse zustande gekommen.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hatte ihre Idee unter anderem mit dem Argument verteidigt, es würden jährlich etwa 44000 Menschen das neue Angebot nutzen. Die Familienpflegezeit sei „ein wichtiger Schritt zu einer modernen Sozialpolitik“, so die CDU-Politikerin damals. »Schröder sollte endlich einsehen, dass ihr Projekt gescheitert ist«, sagte jetzt der familienpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Jörn Wunderlich, der »Saarbrücker Zeitung«. Das Angebot könne nur funktionieren, wenn es einen Rechtsanspruch darauf gebe.

Wohlfahrtsverbände hatten von Anfang an kritisiert, dass es keinen Rechtsanspruch auf eine Pflegezeit zugunsten von Familienangehörigen gebe. Rund 1,6 Millionen Menschen werden derzeit durch Angehörige und ambulante Dienste zu Hause versorgt. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Elke Ferner, verwies darauf, dass sich viele Menschen aus finanziellen Gründen keine Verkürzung ihrer Arbeitszeit leisten könnten. Besser sei es, die Bezahlung als Lohnersatzleistung zu gewähren. »Das heißt, der Verdienstausfall muss von der Pflegeversicherung getragen werden«, sagte Ferner dem Blatt.

Das Gesetz zur Familienpflegezeit ist seit Anfang 2012 in Kraft. Beschäftigte können damit bis zu zwei Jahre ihre Arbeitszeit reduzieren, entstehende Gehaltseinbußen werden zum Teil ausgeglichen - müssen aber später wieder herausgearbeitet werden. Vor Ausfallrisiken soll die obligatorische Versicherung schützen.

Bereits im Februar hatte sich gezeigt, dass es kaum Nachfrage nach dem Schröder-Projekt gibt. „Neue Maßnahmen, die brauchen einfach Zeit, bis sich das herumspricht“, hatte eine Sprecherin des Familienministeriums dazu erklärt. Die Pflegezeiten könnten auch genommen werden, ohne dabei auf staatliche Darlehen und Absicherungen zurückzugreifen. Das Ministerium hatte auch angekündigt, für eine umfassende Bewertung der Familienpflegezeit eine Evaluation auszuschreiben.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!