Die Welt verändern: Kurzer Lehrgang der Wahlwerbespots von PDS und Linkspartei
Am Mittwoch hat die Linkspartei ihre Wahlkampagne vorgestellt, und dazu gehört natürlich auch ein Wahlwerbespot. Reduzierte Ästhetik, Menschen, die sich aus ihrer Alltagsperspektive für eine gerechtere Gesellschaft aussprechen - und denen die herrschenden Verhältnisse einen Strich durch die Rechnung machen. Auch die Versprechungen anderer Parteien würden daran nichts ändern, lautet eine weitere Botschaft. Weshalb man die Linkspartei wählen soll, die nämlich mache Druck für soziale Politik - und das »nicht nur im Wahlkampf«.
Und wie sahen die Spots vor früheren Bundestagswahlen aus? 1990 bekannte man sich zu „Lehren aus der SED-Herrschaft“ und zeigte vier Jahre später „den anderen“ den Stinkefinger. Ende der neunziger Jahre sollten Kino-Ästhetik und „Das ist immer noch mein Land“-Gesänge dem Hype um die sozialdemokratische Neue Mitte etwas entgegenstellen. 2005 dann setzte sich eine Linke auf Fusionskurs in Szene und bot nahezu alles als Darsteller auf, was Rang und Namen in WASG und PDS hatte. Und bei den Wahlen 2009 hieß es: „Wir wollen Deutschland und Europa und ein bisschen sogar die Welt verändern.“
Der hier noch einmal dokumentierte kurze Lehrgang der Geschichte der Werbespots von PDS bis Linkspartei zu den Bundestagswahlen erschien zuerst vor einigen Jahren im Blog »Lafontaines Linke«.
Vor dem ersten Urnengang nach der Wiedervereinigung dominierte zunächst die Auseinandersetzung um die Frage der Finanzierung der Deutschen Einheit den Wahlkampf. Während die Union mit Helmut Kohl von der übereilten Wirtschafts- und Währungsunion profitierten, zahlte sich die Skepsis des SPD-Kandidaten Oskar Lafontaine nicht aus. Der Saarländer wurde zudem im April bei einem Wahlkampfauftritt Opfer eines Attentats. CDU und CSU (43,8 Prozent) sowie FDP (11 Prozent) holten eine klare Mehrheit. Die Sozialdemokraten blieben mit 33,5 Prozent hinter ihren Erwartungen deutlich zurück. Die PDS konnte aufgrund einer Sonderreglung wegen ihres Ergebnisses im Osten trotz bundesweit nur 2,4 Prozent der Stimmen mit 17 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Die Grünen scheiterten im Westen und waren lediglich mit acht Abgeordneten ihres ostdeutschen Bündnis90-Pendants im Parlament vertreten.
Bundestagswahlen am 16. Oktober 1994
Für die Union zog abermals Helmut Kohl als Spitzenkandidat in den Wahlkampf. Die SPD schickte nach einer harten innerparteilichen Auseinandersetzung Rudolf Scharping ins Rennen - allerdings führte er eine Troika, zu der auch Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine gehörten. Die Spannungen im Lager der Sozialdemokraten blieben im Wahlkampf sichtbar. Obwohl die Union zu Beginn des Jahres in Umfragen klar zurückgelegen hatte, konnte Schwarz-Gelb im Herbst die Regierung trotz klarer Verluste knapp verteidigen. Die Grünen kehrten mit 7,3 Prozent wieder in den Bundestag zurück und lösten die FDP (6,9 Prozent) als drittstärkste Kraft ab. Der PDS gelang abermals nicht der Sprung über die bundesweite Fünfprozent-Hürde, sie eroberte jedoch in Berlin vier Direktmandate und zog so in Gruppen stärke in den Bundestag ein.
Bundestagswahlen vom 27. September 1998
In diesem Jahr wurde erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine Bundesregierung komplett abgewählt. Die Sozialdemokraten wurden erstmals seit 1972 wieder stärkste Kraft - doch hinter der Fassade der „Neuen Mitte“ waren die Strömungskonflikte längst nicht beigelegt. Während Gerhard Schröder nach seinem Sieg bei den Landtagswahlen in Niedersachsen Kanzlerkandidat mit eher wirtschaftsfreundlichem Profil wurde, blieb Parteichef Oskar Lafontaine als designierter Finanzminister einem nachfragorientierten Kurs verpflichtet. Die „Arbeitsteilung“ machte sich zwar am Wahlabend bezahlt - die SPD erreichte 40,9 Prozent - führte aber unmittelbar danach zu offenem Streit und im März 1999 schließlich zum Bruch. Die PDS hatte 1998 unter anderem auf Ostthemen gesetzt und sich als linke Opposition profiliert, ihr gelang mit 5,1 Prozent der Einzug in den Bundestag. Die Grünen verloren leicht auf 6,7 Prozent und wurden Partner einer rot-grünen Regierung. FDP (6,2 Prozent) und Union (35,1 Prozent) standen einer „linken Mehrheit“ gegenüber.
Bundestagswahlen vom 22. September 2002
Vier Jahre nach dem Amtsantritt von Rot-Grün sah es zunächst nicht danach aus, als ob die Schröder-Regierung weiter im Amt bleiben könne. Die Haltung der SPD in der Irakkriegsfrage und das Management des Elbehochwassers wurden später als wichtigste Gründe genannt, aufgrund derer die Sozialdemokraten das Ruder dann doch noch herumreißen konnten. Während die Grünen zulegten (8,6 Prozent), verlor die SPD (38,5 Prozent). Für Union (38,5 Prozent) und FDP (7,4 Prozent) reichten die Zugewinne indes nicht. Für die PDS wurde es ein Fiasko: Die Partei erreichte nur vier Prozent und konnte nur zwei direkt gewählte Abgeordnete entsenden. Die Niederlage zog eine längere Auseinandersetzung nach sich, die teilweise bis heute nachwirkt und mit symbolisch besetzten Begriffen wie Geraer Parteitag oder Wachbuchaffäre verbunden ist.
Bundestagswahlen vom 18. September 2005
Die vorgezogene Neuwahl, von Gerhard Schröder nach der Niederlage bei der NRW-Wahl in Szene gesetzt, sollte die SPD retten - wurde aber zum Beschleuniger ihres Niedergangs: Die Ankündigung der „auflösungsgerichteten Vertrauensfrage“ wurde für Oskar Lafontaine der Anlass zum „Sprung“ und so auch zum Motor eines gemeinsamen Wahlantritts der Wahlalternative und der PDS. Nach einigem Hin und Her konnte sich das linke Wahlbündnis auf ein gemeinsames Vorgehen einigen - mit Erfolg: Die Linkspartei wurde mit 8,7 Prozent viertstärkste Kraft vor den Grünen (8,1 Prozent). Die Union landete, obgleich ihr von den Demoskopen ein größerer Vorsprung prognostiziert worden war, mit 35,2 Prozent nur knapp vor der SPD (34,2 Prozent), was zum legendären Auftritt von Schröder in der Elefantenrunde führte, aber am Ergebnis nichts änderte: eine Große Koalition kam ins Amt. Die FDP landete trotz 9,8 Prozent in der Opposition.
Bundestagswahlen vom 27. September 2009
Vier Jahre später büßten Union und SPD deutlich an Zustimmung ein. Die Sozialdemokraten erzielten ihr schlechtestes Ergebnis überhaupt, CDU und CSU ihr jeweils schlechtestes seit der ersten Bundestagswahl von 1949. Die Oppositionsparteien FDP, Linke und Grüne gewannen dagegen deutlich hinzu gewannen und fuhren die besten Ergebnisse ihrer jeweiligen Parteigeschichte ein. Für die Linke war es die erste Wahl nach der 2007 erfolgten Fusion, sie wurde mit 11,9 Prozent erneut viertstärkste Partei. Die FDP holte 14,9 Prozent und ging mit der Union eine Koalition ein. Die Grünen erreichten 10,7 Prozent.
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