Deutschlandfest und Jubeldemo
Am Wochenende feiert die SPD 150. Geburtstag - aber nicht alle haben Lust auf die Party
Während der Bundestagswahlkampf allmählich in die heiße Phase übergeht, feiert sich die SPD erst mal selbst. Am Wochenende findet das »Deutschlandfest« am Brandenburger Tor statt, die große Jubiläumsparty zu 150 Jahren Parteigeschichte mit Bratwurst, den Prinzen, Konstantin Wecker und natürlich Peer Steinbrück.
Dass dieses Fest in Berlin stattfindet, ist dabei aus Sicht des SPD-Landesvorsitzenden Jan Stöß nur folgerichtig: »Unsere Stadt spiegelt wie kaum eine andere die Geschichte der SPD wider. Große Namen wie Ferdinand Lassalle, August Bebel oder Marie Juchacz werden mit Berliner Demokratieorten verknüpft«, sagt er gegenüber »nd«. Er selbst sieht allen Grund für eine Party: »Wir sind stolz auf unsere Wurzeln in der Arbeiterbewegung und feiern, dass die SPD seit 15 Jahrzehnten für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität kämpft«, so Stöß.
Nicht alle in Berlin sehen das so. Bei den Jusos löst zumindest der Name »Deutschlandfest« Unbehagen aus. In einem offenen Brief hatten die Jusos bereits im vergangenen September gefordert, das Fest umzubenennen, etwa in »Tag der sozialen Demokratie«, da ein »Deutschlandfest« Patriotismus schüren könne. Eine Antwort der SPD-Spitze gab es nie, nun wird es auch keinen Stand der Berliner Jusos auf dem Fest geben - vertreten ist nur der Bundesverband.
Ganz und gar fantastisch, zumindest auf den ersten Blick, finden das Parteijubiläum hingegen die Organisatoren der Jubeldemo, die am Samstagnachmittag vom Mauerpark zum SPD-Fest am Brandenburger Tor ziehen soll. Aufgerufen wird dazu, die SPD »in vollen Zügen zu feiern« - für »Krieg, Abschiebung und Sozialabbau«. Die Polizei bestätigt die Anmeldung der Demonstration und die geplante Route.
Hinter der Demo steht ein Bündnis aus autonomen antifaschistischen und stadtpolitischen Gruppen, unter anderem die »Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB)« oder die Kampagne »Wir bleiben alle«. »Gerade im Wahlkampf versucht die SPD oft, sich als linke Partei zu verkaufen«, sagt Sprecher Dominik Schneider. »Da halten wir Satire für ein gutes Mittel, um die Partei zu demaskieren.« Gerade in Berlin, so Schneider, trage die SPD mit ihrer Politik maßgeblich zum Sozialabbau bei, indem sie etwa das Problem Zwangsräumungen oder die Forderungen von Flüchtlingen ignoriere. Für die Jubeldemo erwartet Schneider 200 Teilnehmer. »Wir können nicht ausschließen, dass sich darunter auch linke Chaoten befinden, die unsere Feierlichkeiten stören wollen«, sagt er. Nach der Abschlusskundgebung solle dann auf dem »Deutschlandfest« die »beste Party des Jahres« gefeiert werden.
Das »Deutschlandfest« ist indes nur ein Teil der offiziellen Feierlichkeiten. Angesichts des Jubiläums möchte die SPD den Blick auch stärker auf die eigene Geschichte lenken. So wurde gestern am ehemaligen Berliner Wohnhaus von Friedrich Ebert in Friedrichshain eine Gedenktafel für den 1925 verstorbenen enthüllt. Auch an seinen Vorgänger als Parteivorsitzenden, den »Arbeiterkaiser« August Bebel, erinnert die SPD unter dem Motto »Mehr Bebel wagen«. Bei einer Gedenkfeier am gestrigen Dienstag anlässlich dem 100. Todestag Bebels sprach neben Jan Stöß auch der Ex-Bundesvorsitzende Franz Müntefering. Außerdem gibt es im August-Bebel-Institut gerade eine große Ausstellung zum Mitbegründer der Partei.
Autofahrer müssen sich wegen des »Deutschlandfests« auf Behinderungen einstellen: Die Straße des 17. Juni bleibt bis nächsten Dienstag von der Siegessäule bis zum Brandenburger Tor gesperrt.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!