Karsai fordert Nachbarschaftshilfe
Pakistan soll Gespräche zwischen Taliban und Kabul vermitteln
Es ist noch gar nicht lange her, da war das Verhältnis der südasiatischen Nachbarn Afghanistan und Pakistan äußerst gespannt. Der Grund: Kabul beschuldigte Behörden und Sicherheitskräfte jenseits der Grenze vehement, zu wenig gegen Extremisten zu unternehmen, die von Pakistan aus Anschläge in Afghanistan verüben. In den letzten Jahren hat Islamabad solche Vorwürfe durch sein energisches militärisches Vorgehen in den Stammesregionen entlang gemeinsamen der Grenze entkräftet. Ganz aus der Welt geschafft sind sie freilich dennoch nicht.
Ungeachtet dessen ist der Ton zwischen beiden Regierungen inzwischen erheblich freundlicher. Auch vor dem jüngsten Besuch des afghanischen Staatschefs Hamid Karsai im Nachbarland, der am Montag begann, bemühte man sich beiderseits um Harmonie. »Die Beziehungen zwischen Pakistan und Afghanistan sind im Moment trotz einiger Schwierigkeiten so gut wie noch nie zuvor in der Geschichte«, befand der afghanische Botschafter Mohammed Omar Daudsai vor der Ankunft seines Präsidenten. Pakistans Außenministerium freute sich auf die Fortsetzung des »konstruktiven Dialogs«.
Im Mittelpunkt der Gespräche zwischen Karsai und dem neuen pakistanischen Premierminister Nawaz Sharif standen schließlich aber doch - wie erwartet - die weiterhin angespannte Sicherheitslage in der Krisenregion und der Umgang mit radikal-islamischen Extremisten. Neben der Auslieferung von gefangenen Talibankämpfern an Afghanistan forderte Hamid Karsai von Pakistan Unterstützung für Verhandlungen mit den Aufständischen. So müsse Islamabad seine Kontakte und seinen »Einfluss« auf die Taliban nutzen, um eine »Plattform« für direkte Friedensgespräche mit seiner Regierung zu schaffen, verlangte Karsai.
Bereits Anfang 2012 hatte Pakistans damaliger Regierungschef Yousuf Raza Gilani eine mögliche pakistanische Vermittlung in Aussicht gestellt. Die Aufständischen lehnen jedoch bisher Verhandlungen mit der Führung in Kabul, die sie nicht anerkennen, rigoros ab.
Karsai seinerseits möchte den Konflikt mit den Taliban möglichst noch vor den Präsidentschaftswahlen im nächsten April und dem Abzug der ausländischen Kampftruppen bis Ende 2014 beenden. Auf seiner Reise ins Nachbarland lässt er sich daher von Vertretern des Hohen Friedensrats begleiten, der von der Kabuler Regierung mit der Anbahnung von Gesprächen mit den Taliban beauftragt wurde. Der Rat bemüht sich um die Freilassung einflussreicher in Pakistan inhaftierter Taliban, darunter der frühere Talibanvizechef Abdul Ghani Baradar.
Sharif bekräftige nach der Begegnung mit Karsai die Unterstützung seiner Regierung für den Friedens- und Aussöhnungsprozess in Afghanistan. Pakistan werde die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft unterstützen, damit das »große Ziel« erreicht wird. Details nannte der Premier jedoch nicht. »Diese Dinge brauchen Zeit«, begründete ein Mitarbeiter des Außenministeriums in Islamabad die Zurückhaltung.
Fortschritte sind unterdessen auf wirtschaftlichem Gebiet zu erwarten. Nach Angaben von Botschafter Daudsai soll während des Besuches von Karsai ein neues Handelsabkommen unterzeichnet werden. Vor drei Jahren hatten beide Staaten einen entsprechenden Vertrag ausgearbeitet, mit dem unter anderem die restriktiven Beschränkungen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs gelockert werden sollten. Allerdings habe es bei dessen Umsetzung erhebliche Probleme gegen, räumte der Diplomat ein. Deshalb seien Eckpunkte neu verhandelt worden. Auch Beratungen über den Bau neuer Straßen- und Schienenverbindungen zwischen beiden Staaten stehen auf der Tagesordnung.
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