Grenzpolizist Seehofer
Wahrscheinlich wird Bayern demnächst eine Grenzpolizei einführen. »Die müssen raus aus Bayern«, soll Horst Seehofer einem Zeitungsbericht zufolge gesagt haben. »Die« sind ein Fernsehteam des Westdeutschen Rundfunks, von dem sich Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm unhöflich behandelt fühlte. Die WDR-Leute wollten Stamm am Rande einer Wahlkampfveranstaltung zur Verwandtenaffäre im Münchner Landtag befragen; ob sie nun tatsächlich zu forsch vorgingen oder die Staatspartei CSU von bayerischen Medien keine kritischen Fragen gewohnt ist, bleibt dahin gestellt. Immerhin erinnert man sich noch daran, dass letztes Jahr ein CSU-Sprecher seinen Hut nehmen musste, weil er beim ZDF angerufen hat, um die Berichterstattung über den SPD-Spitzenkandidaten Christian Ude in Grenzen zu halten.
Solche Details sind jetzt aber egal, Horst Seehofer ist einfach nur empört. Über die WDR-Mitarbeiter. Wenn man seinen zitierten Wutausbruch ernst nimmt, dann wird demnächst wohl der BGS als Bayerischer Grenzschutz wieder auferstehen. An allen Zufahrtstraßen des Freistaats werden weiß-blaue Schlagbäume aufgestellt, und dann gibt es ordentliche Personenkontrollen. So weit kommt‘s, dass da jeder einreist und macht, was er will.
Falls die Maßnahmen zur Grenzsicherung doch zu aufwendig sein sollten, bleibt ja immer noch die kleine Lösung: eine Pkw-Maut. Für Ausländer will der CSU-Häuptling sie ja sowieso einführen und behauptet ohne rot zu werden, er werde in Berlin keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem diese Maut nicht enthalten ist. Jetzt kann er die Forderung noch erweitern. Um missliebige Elemente abzuschrecken, könnte die Maut auch auf Rheinländer, Preußen, Sachsen, Schwaben und überhaupt auf alle Fremdlinge ausgedehnt werden, die mit ihrem Fuß oder Reifen heiligen bayerischen Boden besudeln wollen. Vor allem aber auf Medienmenschen. Seine großzügige Genehmigung »Das können Sie alles senden!«, mit der er seinerzeit ein TV-Interview mit einigen kleinen Gemeinheiten gegen Angela Merkel freigab, hat Seehofer wohl längst vergessen.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!