Ackermann wirft nach Selbstmord von Untergebenem hin
Der Suizid des Zurich-Managers Wauthier war bereits die zweite Selbsttötung einer Schweizer Spitzenkraft in kurzer Zeit
Die Ankündigung kam überraschend. »Zurich Insurance Group (Zurich) gibt bekannt, dass Verwaltungsratspräsident Josef Ackermann dem Verwaltungsrat seinen Rücktritt von allen seinen Funktionen als Verwaltungsratsmitglied mit sofortiger Wirkung mitgeteilt hat«, heißt es in einer Medienmitteilung vom Donnerstag.
Darin wird der Rücktritt als Folge des Selbstmords des Finanzchefs der Versicherungsgruppe dargestellt. »Der unerwartete Tod Pierre Wauthiers hat mich zutiefst erschüttert«, wird Ackermann zitiert. »Ich habe Grund zur Annahme, dass die Familie meint, ich solle meinen Teil der Verantwortung hierfür tragen, ungeachtet dessen, wie unbegründet dies objektiv betrachtet auch sein mag.« Daher sehe er »eine weitere erfolgreiche Führung des Verwaltungsrates zum Wohle der Zurich infrage gestellt«. Und um jegliche Rufschädigung zulasten von Zurich zu vermeiden, habe ich beschlossen, von allen meinen Funktionen im Verwaltungsrat mit sofortiger Wirkung zurückzutreten.»
Wauthier war am Montag tot aufgefunden worden. Einen Tag darauf stellte die Polizei fest, dass der 53-Jährige Selbstmord begangen hatte. Nähere Einzelheiten wurden nicht bekannt - «aus Rücksichtnahme gegenüber der Familie», wie es in einer Medienmitteilung des Versicherungskonzerns heißt. Wauthier hatte seit 1996 für das Unternehmen gearbeitet, seit 2011 als Finanzchef.
Wauthiers Selbstmord ist bereits der zweite eines Spitzenmanagers in der Schweiz in wenigen Wochen. Am 23. Juli war Carsten Schloter tot aufgefunden worden, der Chef der Swisscom. Womöglich war der Hintergrund eine private Trennung; doch hatte auch er mit dem Ex-Coop-Chef Hansueli Loosli einen starken Verwaltungsratspräsidenten im Rücken.
Der 49-jährige Schloter, ein in Paris aufgewachsener Deutscher, war national bekannt; sein Tod bewegte das Land. Bei Wauthier war das nicht der Fall. Dennoch nimmt Ackermann nun seinen Hut.
Einer, der diese Reaktion nicht erwartet hat, ist Rolf Dubs. Der ehemalige Rektor der Universität St. Gallen kennt Ackermann schon aus Studienzeiten. Für den plötzlichen Rücktritt hält er zwei Motive für möglich. «Ich kann mir gut vorstellen, dass Herr Ackermann Verantwortung übernimmt, ohne Schuld einzugestehen. Damit schützt er die Zurich vor einer möglichen Hexenjagd», sagt Dubs. Der Wirtschaftspädagoge hält aber auch Spannungen zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung für möglich. Es sei denkbar, dass Druck auf Ackermann ausgeübt worden sei. Dass Ackermann Druck auf Wauthier ausgeübt habe, glaubt Dubs aber nicht. Das passe nicht zur Persönlichkeit Ackermanns.
Der Wirtschaftsethiker Christoph Weber-Berg sieht das anders. Aus seiner Sicht zeigt der Rücktritt Ackermanns wenig Fingerspitzengefühl. Indirekt mache er der Familie so Vorwürfe, sagt der ehemalige Leiter des «Center for Corporate Social Responsibility» an der Hochschule Zürich, der heute Kirchenfunktionär ist. «Es wäre besser gewesen, wenn er auf seinem Posten geblieben wäre», sagt Weber-Berg, der früher selbst in einer großen Züricher Bank gearbeitet hat. Mit dem Rücktritt öffne Ackermann die Tür für Mutmaßungen. «Das ist schädlich für das Unternehmen.»
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