Bewegung auf dem Mobilfunkmarkt

Vodafone trennt sich für einen Rekordpreis von seiner Beteiligung am US-Marktführer Verizon

  • Frederik Nissen, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Kaum eine Woche vergeht im Mobilfunkgeschäft derzeit ohne die Ankündigung ambitionierter Pläne. Nun steht bei Vodafone ein rekordverdächtiger Deal in Milliardenhöhe an.

Auf dem Mobilfunkmarkt werden die Karten neu gemischt: Vodafone will sich aus dem US-Geschäft verabschieden. Die Briten einigten sich nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg und des »Wall Street Journal« mit dem US-Mobilfunkmarktführer Verizon Wireless auf den Verkauf ihres 45-Prozent-Anteils an dem Gemeinschaftsunternehmen für umgerechnet 98,5 Milliarden Euro. Der spektakuläre Verkauf wäre aber nur ein Glied in einer langen Kette. Denn auf dem Mobilfunkmarkt ist auf beiden Seiten des Atlantiks derzeit mächtig Bewegung - auch in Deutschland.

Hierzulande kauft O2 den Konkurrenten E-Plus. Vodafone versucht, den Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland zu schlucken. Den Milliardensegen kann Vodafone dazu nutzen, das schleppende Europa-Geschäft aufzupeppen und in anderen Ländern Kabelanbieter zu übernehmen.

Die Briten gehen mit dem Abschied aus dem hochprofitablen US-Geschäft ein großes Risiko ein. Statt steter Milliardendividenden gibt es den Erlös aus dem Verkauf von Verizon Wireless nur einmal. Und das Europageschäft ist alles andere als ein Wachstumsmarkt. Die meisten europäischen Länder haben eine schrumpfende, alternde Bevölkerung. Der milliardenschwere Verkauf versetzt Vodafone nun in eine einzigartige Lage unter den hoch verschuldeten Telekomkonzernen: Die Briten können im großen Stil investieren.

Die Serie von Übernahmen hat einen Grund: Die goldenen Zeiten, in denen der Markt ständig wuchs, sind vorüber. Die Märkte sind gesättigt und die Umsätze schrumpfen. Anbieter suchen ihr Wohl nun in Zusammengängen, um die Kosten zu drücken.

In Deutschland wird der Markt geradezu umgewirbelt. Die Nummern drei und vier im Markt, O2 und E-Plus, stehen vor dem Schulterschluss. Sie wollen ihre Netze zusammenlegen und damit neben T-Mobile und Vodafone einen dritten großen Spieler schmieden.

Für Verbraucher hat das Vor- und Nachteile. Die gute Nachricht ist, dass in einem solchen Fall drei Anbieter über das Geld verfügen, die Netze stark auszubauen und fit zu machen für die stetig steigende mobile Internetnutzung. Kehrseite ist aller Voraussicht nach, dass drei Anbieter beim bisher knallharten Preiswettbewerb einen Gang runterschalten dürften.

Die zweite Milliardenübernahme kündigte Vodafone an: Für den Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland müssen die Briten viel Geld hinblättern, denn sie bewerten Kabel Deutschland einschließlich der Schulden mit 10,7 Milliarden Euro. Mit der Idee, Mobilfunk- und Kabelnetze unter einem Dach zusammenzuführen, folgt Vodafone der Vorgabe von Unternehmenschef Vittorio Colao, Kunden Komplettpakete aus Telefon, Internet und Fernsehen anzubieten. Dafür setzt Colao auf Zuläufe von Kabelnetzbetreibern. So kaufte er in Großbritannien den Glasfasernetzbetreiber Cable & Wireless für rund eine Milliarde Pfund.

Mit der Verbindung von Kabelnetz und Mobilfunk schafft Vodafone etwas Neues und der Deutschen Telekom Ebenbürtiges. Bitter für diese ist: Das Kabelnetz hatte sie selbst gebaut, musste es aber im Zuge der Privatisierung verkaufen. Die Telekom kontert bereits mit Anschlüssen, die ähnlich schnell sein sollen wie das Kabel. Der glückliche Profiteur der technischen Aufrüstung auf allen Seiten dürfte der Verbraucher sein. Er kann immer schneller surfen, ob daheim oder mit dem Handy.

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