500 000 Mal »Adíos, España«

Gigantische Menschenkette für katalanische Unabhängigkeit

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
Mehr als 500 000 Menschen bildeten in Katalonien gestern eine Menschenkette, um am Nationalfeiertag die Unabhängigkeit von Spanien zu fordern. Über 480 Kilometer hinweg - von Le Perthus in Frankreich bis nach Valencia hinein - gaben sich an der gesamten Mittelmeerküste die Menschen die Hände. Auch starker Regen hielt sie nicht ab.

Aufgerufen hatte der »Katalanische Weg in die Unabhängigkeit«, hinter der die Katalanische Nationalversammlung (ANC) steht. Über den gesamten Tag beteiligten sich zahllose Menschen an den Diada-Feiern, die in diesem Jahr die Forderung nach einem Unabhängigkeitsreferendum formulieren. Die Republikanische Linke (ERC) hat mit der konservativen Konvergenz und Einheit (CiU) vereinbart, 2014 die Bevölkerung entscheiden zu lassen, wenn auch Schottland über die Unabhängigkeit von Großbritannien abstimmt. Das Jahr ist von großer Bedeutung, da 300 Jahre zuvor - 1714 - Barcelona in den Erbfolgekriegen unter die spanische Krone fiel und Katalonien seine Eigenständigkeit verlor. Deshalb wurde die Menschenkette um 17.14 Uhr gebildet.

In Barcelona hatten schon am Morgen zahllose Persönlichkeiten und Parteienvertreter an der Ehrung Rafael Casanovas teilgenommen, bevor sie sich zu ihren vorbestimmten Plätzen in der Menschenkette begaben. Casanova war während der Belagerung vor 300 Jahren Vorsitzender des Rates der Stadt. ANC-Vertreterinnen wie die Vorsitzende Carme Forcadell wurden am Nachmittag vom Präsidenten der Regionalregierung, Artur Mas, empfangen. Forcadell zeigte sich dabei überzeugt, »dass in diesem Jahr noch mehr Menschen auf die Straße gehen als im Vorjahr«. Gut 1,5 Millionen Personen hatten 2012 in Barcelona demonstriert. »Katalonien, ein neuer Staat in Europa«, lautete das klare Motto, unter dem gut 20 Prozent der katalanischen Bevölkerung auf die Straße gingen.

Für Carme Forcadell ist die Menschenkette ein »Symbol der Einheit der katalanischen Bevölkerung, um die nationale Souveränität zu erreichen«. Angeknüpft wird damit an den »Baltischen Weg«. In den damaligen baltischen Sowjetrepubliken war 1989 die bis dahin längste Menschenkette gebildet worden, um für die Unabhängigkeit Estlands, Lettlands und Litauens einzutreten. Zwei Jahre später war das Ziel erreicht.

Klar war, dass der ANC den Druck auf Artur Mas erhöhen wollte, und das ist gelungen. Zwar versuchte der Christdemokrat erneut, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen - auch Mas rief zur Teilnahme an der Menschenkette auf -, doch viele trauen ihm nicht. Lange waren er und seine CiU nur für eine bessere Finanzierung der Region eingetreten, die einen überdurchschnittlich hohen Beitrag zum Bruttosozialprodukt Spaniens leistet. Deshalb wurde bei Wahlen 2012 vor allem die ERC gestärkt, die zweitstärkste Kraft wurde.

In deren Reihen hatte Mas vergangene Woche für Aufregung gesorgt, als er den Termin für das Referendum in Frage stellte. Bekannt wurde auch, dass es geheime Gespräche mit der spanischen Regierung unter Mariano Rajoy gab. Mas hatte die Möglichkeit aufgeworfen, die Abstimmung erst 2016 durchzuführen, falls man sich mit Spanien nicht einige oder Madrid die Abstimmung verbiete.

Nun bekräftigte er aber seine »Verpflichtung auf das Selbstbestimmungsrecht« und den vereinbarten Fahrplan, wie von ERC und ANC gefordert worden war. Er wolle »alle legalen demokratischen Instrumente einsetzen«, damit die »Bevölkerung in Katalonien über ihre Zukunft entscheiden kann«, sagte der Regierungschef. Er fordert die Katalanen auf, der Welt ihren Willen in der besten Form und friedlich zu demonstrieren.

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