Börse soll Tempo zügeln
US-Behörde will Hochfrequenzhandel schärfer kontrollieren
Die USA wollen gegen Hochfrequenzhandel an Börsen oder anderen Handelsplätzen vorgehen. In dieser Woche veröffentlichte die Commodity Futures Trading Commission (CFTC), die für den Schutz der Handelspartner zuständig ist, eine Untersuchung der Probleme.
Den Kontrollbehörden bleibt oft nur das Nachsehen. Doch auch die Handelssysteme selbst werden beim Hochfrequenzhandel überlastet; es kam bereits zu mehreren Pannen. »Wir sind Zeugen eines fundamentalen Wandels vom Handel, der von Menschen vollzogen wird, hin zu einem elektronischen Handel, den Maschinen abwickeln«, erklärte CFTC-Chef Gary Gensler. In den USA wurden 2012 92 Prozent der Termingeschäfte von Supercomputern durchgeführt - drei Jahre vorher war es etwa die Hälfte. »Automatisierte Handelssysteme, auch für den Hochfrequenzbereich, stehen zur Verfügung und vollziehen den Handel innerhalb von Millisekunden, ohne dass dabei Menschen eingreifen.«
Die CFTC arbeitete bereits seit 2010 an ihrem Papier. Im Mai 2013 war es zum »Flash Crash« gekommen, bei dem der wichtigste US-Aktienindex Dow Jones innerhalb weniger Minuten 1000 Punkte verlor, dann aber wieder anstieg. Der Crash war auch durch Hochfrequenzhandel ausgelöst worden.
Seitdem haben weitere Zwischenfälle die Investoren verunsichert. Die US-Börsenaufsicht SEC untersucht momentan, wie es dazu kommen konnte, dass die New Yorker Technologiebörse Nasdaq im August drei Stunden lang den Handel aussetzen musste. 2012 verlor die Knight Capital Group durch ein Versehen innerhalb von 45 Minuten 440 Millionen Dollar und wurde später durch einen Konkurrenten übernommen. Auch soziale Netzwerke stehen im Fokus der CFTC-Untersuchungen. Im April knackten Hacker die Zugangsdaten des Twitter-Kontos von AP und sendeten gefälschte Nachrichten über einen Angriff auf das Weiße Haus, die zu Börsenpanik führten.
Bart Chilton von der CFTC ist der Meinung, dass die Behörde Vollmachten benötigt, um angesichts der neuen Lage ihre Aufgabe erfüllen zu können. So müssten Bußgelder von bis zu 140 000 Dollar täglich möglich sein. »So lange es nur lächerlich niedrige Strafen gibt, riskieren es Firmen doch, geschnappt zu werden, da der mögliche Profit so groß ist.«
Das von der Behörde veröffentlichte Dokument umfasst über 100 Fragen und Vorschläge, auf die Investoren in den kommenden 90 Tagen reagieren können. Doch schon meldet sich Kritik. »Die Fragen lassen vermuten, dass die CFTC gar nicht weiß, welche Maßnahmen bereits getroffen worden sind«, sagte ein anonymer Händler der »Washington Post«. Gensler widerspricht: Die von der Finanzindustrie getroffenen Maßnahmen dienten dazu, noch mehr Profit zu machen, nicht aber dazu, die Investoren zu schützen.
Lexikon
Beim vollständig computergesteuerten Hochfrequenzhandel (englisch high-frequency trading) werden in schneller Abfolge Abschlüsse auf Basis von bestimmten Vorgaben (Algorithmen) automatisiert ausgeführt. Marktteilnehmer gehen in der Regel nur kurzfristig Positionen in Finanzinstrumenten ein. Dadurch kann es zu einem hohen Orderaufkommen kommen, das die Handelssysteme stark belasten kann. Außerdem können einen Lawineneffekt auslösen. nd
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