»Wir bauen auf Ihre Bereitschaft«

Dokumentiert: Brief der Linken-Spitze an die Fraktions- und Parteivorsitzenden von SPD und Grünen

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Spitze der Linkspartei hat ihr Angebot zu einer Zusammenarbeit mit SPD und Grünen vor einer Regierungsbildung in einem Brief erneuert. Konkret geht es um die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns und um die Abschaffung des Betreuungsgeldes. Wir dokumentieren das Schreiben.


Sehr geehrte Frau Roth, sehr geehrte Frau Künast,

sehr geehrter Herr Gabriel, sehr geehrter Herr Steinmeier,

sehr geehrter Herr Özdemir, sehr geehrter Herr Trittin,

Deutschland hat gewählt. Gleichwohl zeichnet sich bis zum heutigen Tag nicht die Bildung einer neuen Bundesregierung ab. Vieles spricht hingegen dafür, dass das Zeitfenster, in dem der neu gewählte Bundestag konstituiert, aber die alte Regierung noch im Amt ist, mehrere Monate dauern könnte. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Zeit nicht ungenutzt verstreichen darf. Wir können zusammen 319 Stimmen im Deutschen Bundestag mobilisieren, um zügig wichtige Projekte umzusetzen, die den Mehrheitswillen der Bevölkerung abbilden. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, das vorhandene Zeitfenster und unsere gemeinsame parlamentarische Mehrheit zu nutzen, um Projekte umzusetzen, die wir den Wählerinnen und Wählern im Wahlkampf fast gleichlautend versprochen haben.

Wir möchten Ihnen zwei Projekte vorschlagen:

Die Einführung eines bundesweit einheitlichen gesetzlichen Mindestlohns.

Die Abschaffung des Betreuungsgelds, um eine Umleitung der dafür im Bundeshaushalt geblockten Mittel in den Ausbau der Kindertagesstätten zu ermöglichen.

Die Abschaffung des Betreuungsgelds ist in unseren drei Parteien Konsens und könnte ohne weiteres in eine gemeinsame parlamentarische Initiative münden. Uns ist bewusst, dass zwischen Ihnen und uns unterschiedliche Vorstellungen über die Höhe eines gesetzlichen Mindestlohns existieren. Wir sind uns aber sicher, dass diese einer Einigung über eine schnell abstimmungsfähige Gesetzesvorlage nicht im Weg stehen würden. Wir bauen auf Ihre Bereitschaft, den Wählerinnen und Wählern zu signalisieren, dass wir dort anpacken, wo ein Gerechtigkeitsstau existiert und Mehrheiten für Veränderungen vorhanden sind. Gern sind wir bereit, über weitere Vorschläge für Reformprojekte von Ihnen zu diskutieren, die eine soziale Veränderungsmehrheit im Bundestag vor einer Regierungsbildung in Angriff nehmen könnte. Wir begründen eine Stunde des Parlaments. Diese Chance sollten wir nutzen.

In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen,

Katja Kipping, Bernd Riexinger, Gregor Gysi

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