Bestatter mit Überlebensangst
Für sogenannte Sozialbegräbnisse gibt es in Sachsen-Anhalt keine klaren Regeln - oft zahlen die Ämter verspätet
Die Bestatter in Sachsen-Anhalt beklagen eine schlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Hand. In Einzelfällen warteten sie bis zu eineinhalb Jahre auf die Begleichung offener Rechnungen durch die Sozialämter. Für sogenannte Sozialbestattungen gingen die rund 120 Bestattungsbetriebe zwischen Altmark und Burgenlandkreis fast immer in Vorleistung, sagte der Obermeister des Bestatterinnung Sachsen-Anhalt, Wolfgang Ruland. Meist sei das Geld dann erst nach mehreren Monaten auf dem Konto. Die Situation sei zwar seit Jahren unverändert, gefährde aber zunehmend die Existenz gerade kleiner Firmen.
Bei jeder Beerdigung müssen die Bestatter erhebliche Vorleistungen für Sarg, Urne oder Krematorium leisten. »Die Prüfverfahren bei den meisten Sozialämtern sind eindeutig zu lang«, kritisierte Ruland. Dazu komme, dass viele Angehörige die Beantragung der Zuschüsse überfordere und so die Bearbeitung weiter verzögert werde.
Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes von Sachsen-Anhalt sind aber gerade bei Sozialbestattungen in der Regel aufwendige Prüfverfahren notwendig. Es müssten beispielsweise Angehörige ermittelt werden, die sich möglicherweise an den Kosten für die Bestattung beteiligen könnten, sagte Referentin Karin Becker. Für die Kommunen gebe es wiederum rechtlich keine Spielräume, um in Vorleistung gehen zu können. Die Bestatter beklagen zudem, dass es an einem einheitlichen Vorgehen in den Landkreisen fehle. Überall gebe es andere Entscheidungen zur Übernahme von Kosten für Blumen oder Grabredner bei Sozialbestattungen. Trotzdem könne man nicht von einem Trend sprechen, solche Beisetzungen sparsam und unwürdig auszustatten. Ihr Anteil liegt in Sachsen-Anhalt bei etwa fünf Prozent an den jährlich rund 30 000 Trauerfeiern. Bundesweit tragen bei drei Prozent aller Beerdigungen die Sozialämter die Kosten.
Bestatter Martin Märtens aus Arendsee sieht ein weiteres Problem in der Bürokratie. Alle Landkreise nutzten andere Formulare. Das erschwere die Arbeit zusätzlich. Schon zwei offene Rechnungen könnten gerade kleinere Betriebe in Schwierigkeiten bringen, die ihre Ausgaben für die eigenen Mitarbeiter pünktlich erbringen müssten.
»Mitunter haben wir Existenzängste«, sagte Bestatterin Anja Lohan aus Bitterfeld-Wolfen. Durchschnittlich seien bei ihr Rechnungen für vier bis fünf Sozialbestattungen offen. Sie spricht sich dafür aus, dass die Kommunen bei einem Sterbefall erst einmal in Vorleistung gehen. Ihr Berufskollege Klaus Obst aus Bad Dürrenberg zeigt sich ebenfalls verärgert über die ausufernde Bürokratie in Sachsen-Anhalt, zumal die Landkreise und kreisfreien Städte unterschiedlich agierten. In Halle und im Burgenlandkreis verliefen die Verfahren deutlich schneller als beispielsweise im Saalekreis. »Uns fehlt bei Sozialbestattungen jegliche Planungssicherheit«, sagte er. dpa/nd
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