Regenbogen am einst braunen Haus
Teilerfolg gegen Autonome Nationalisten in Dortmund
»Unsere Stadt ist für die rechtsextreme Szene ein Anker- und Kumulationspunkt, sie dient Rechtsextremen als Brückenkopf für Aktionen im ganzen Bundesgebiet«, heißt es nüchtern in einem offiziellen Aktionsplan der Stadt Dortmund aus dem Jahr 2011. Fünf Getötete in zehn Jahren, zwei bundesweit bedeutsame Nazi-Aufmärsche pro Jahr und eine Kameradschaftsszene, die vor laufenden Kameras die Samthandschuhe verspottete, mit denen sie angefasst wurde - Dortmund war zur Nazi-Hochburg Westdeutschlands mutiert.
Im April 2010 besaßen die Braunen gar die Frechheit, ein »Nationales Zentrum« im innenstadtnahen Stadtteil Dorstfeld zu etablieren. Das Gebäude mit der Hausnummer 135 in der Rheinischen Straße, kurz (und Autonomen-Jargon kopierend) »R 135« genannt, galt den Nazis als »nationaler Freiraum« oder - so ein Transparent-Slogan - als »der Ort, an dem die Magie geschieht«.
Hier fanden »Informationsveranstaltungen« und Kameradschaftsabende statt, wurden Material und Demonstrationsuntensilien gelagert, residierte der Nazi-Bedarfsartikel-Versand »Restistore«. Szenepromis wohnten im Haus, andere in der benachbarten Thusneldastraße. Anwohner sagten: Bloß weg hier!
Gleich zwei gewaltbereite Gruppierungen trieben in Dorstfeld ihr Unwesen: der »Nationale Widerstand Dortmund« (NWDO), eine der drei seinerzeit aktivsten stiefelfaschistischen Organisationen Nordrhein-Westfalens, und die »Skinheadfront Dorstfeld« um den wegen Totschlags verurteilten Sven Kahlin.
Ende 2010 kaufte die sozialdemokratisch regierte (und durchaus klamme) Stadt das Haus »R 135« für 300 000 Euro auf. Der Neuvermieter kündigte wegen angeblichen Eigenbedarfs. Mehrere Razzien erzeugten Druck. Ende 2012 war der Spuk beendet. Doch die Sozialdemokraten mussten zum Jagen getragen werden: »Es ist ein Erfolg aller Antifaschisten, dass der Dortmunder Nazi-Szene das Haus genommen wurde, an dem die Nazis unbehelligt brutale Anschläge und Propagandaaktionen planen konnten. Aber ohne unseren Druck von unten wäre dies sicher nicht geglückt«, resümiert Azad Tarhan vom Anti-Nazi-Bündnis »Dortmund stellt sich quer«.
Auf die Kündigung folgten einige juristische Scharmützel und eine martialische Militanz-Androhungsoffensive. »Doch das Theater fand ziemlich schnell ein allzu kümmerliches Ende«, freut sich der LINKE-Politiker.
Längst prangt am einst braunen Haus ein Regenbogen - buntes Symbol der schwul-lesbischen Emanzipationsbewegung. Ist nun alles gut? Nicht ganz. Der NWDO wurde zwischenzeitlich von Innenminister Ralf Jäger verboten. Doch die einstigen Führungskader liefen zu »Die Rechte« über. Die faktische Nachfolge-Organisation des NWDO genießt die Privilegien einer Partei - und hat längst eine Geschäftsstelle in Dortmund-Huckarde etabliert, in der auch ihr Landesverband residiert. Nur zwei U-Bahn-Stationen vom einstigen »Nationalen Zentrum« entfernt.
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