Gentechnikfreier Flug für Bienen
Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Schutzmaßnahmen / Genmais Mon 810 soll kurz vor der Zulassung stehen
Imker aus Bayern wollen ihren Honig frei halten von Nektar, den ihre Bienen bei gentechnisch verändertem Mais gesammelt haben. Dazu sollen Landwirte, die Genmais anbauen, verpflichtet werden, Schutzvorkehrungen wie größere Sicherheitsabstände oder bienendichte Netze zu schaffen.
Deshalb versuchten fünf Imker am Donnerstag vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu erreichen, dass ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von März 2012 geändert wird und sie einen Anspruch darauf haben, dass Honig und Pollen vor Verunreinigungen von gentechnisch veränderten Organismen geschützt werden. Das Urteil stand bei Redaktionsschluss noch aus.
Zwar gilt in der Bundesrepublik seit 2009 ein Anbauverbot für den genetisch veränderten Mais Mon 810 des US-Agrarkonzerns Monsanto. Die Imker fürchten jedoch, dass wie in Frankreich dieses Verbot aufgehoben werden könnte.
Der Vorsitzende Richter des 7. Senats, Rüdiger Nolte, merkte in dem Verfahren, das sich gegen den Freistaat Bayern richtet, süffisant an, dass der Internetauftritt des Freistaates das Bundesland als gentechnikfreie Zone ausweise, und wollte wissen, ob diese Aussage keine Gültigkeit mehr habe. Der Anwalt des Freistaats konnte nur darauf verweisen, dass es keine konkreten Planungen gebe.
Neue Nahrung erhielten gestern die Befürchtungen der Bienenzüchter, dass nicht nur das Anbauverbot entfallen, sondern die Maissorte Mon 810 sogar als Lebensmittel zugelassen werden könnte. Die Maissorte enthält ein Gift, das sie gegen den Schädling Maiszünsler schützen soll. Vertreter der Bundesregierung und von Monsanto berichteten, dass eine »sehr, sehr hohe Wahrscheinlichkeit für eine Zulassung« in den kommenden Monaten bestehe. Der Vertreter der Bundesregierung führte zur Begründung an, dass von dieser Maissorte keine Gefahren ausgingen und im Vergleich mit konventionellen Maissorten keine Risiken bestünden. Der Anwalt von Monsanto berichtete, dass das Unternehmen angesichts der baldigen Zulassung des Genmaises keine Bemühungen mehr unternehme, ein vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig ruhendes Verfahren wieder aufleben zu lassen. Es hatte dieses 2009 gegen das Anbauverbot des Bundesagrarministeriums angestrengt und war dabei in einem Eilverfahren gescheitert.
Die juristische Auseinandersetzung während der mündlichen Verhandlung drehte sich vor allem um die Frage, wie die in Paragraf 16 des Gentechnikgesetzes aufgeführten Voraussetzungen des Schutzes vor genetisch verändertem Mais auszulegen sind. Während die Anwälte der Imker argumentierten, eine praktische Vorsorge könne nicht bedeuten, dass die betroffenen Bienenzüchter Schutzpflichten übernehmen müssten, sprach der Rechtsbeistand des Freistaates Bayern, Magnus Riedl, davon, es gehe nicht um einen Risikoausschluss, sondern nur um eine Risikovermeidung.
Der Anwalt von Monsanto äußerte, es könne nicht von einer Nulltoleranzstrategie ausgegangen werden, da dies einem Anbauverbot gleichkäme. Der Vertreter der Bundesregierung warnte sogar davor, dass Wissenschaftler aus Deutschland abwandern könnten, wenn die Forschung über Gentechnik zu schwierig werde. Er kritisierte, die Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit sei in den bisherigen Verfahren, die vor dem Verwaltungsgericht Augsburg, dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof geführt worden waren, nicht genügend berücksichtigt worden.
(Aktenzeichen: BVerwG 7 C 13.12)
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