Zimt fürs Hirn?

  • Reinhard Renneberg , Hongkong, und JoJo Tricolor, Cherville
  • Lesedauer: 3 Min.
Zeichnung: Chow Ming
Zeichnung: Chow Ming

Die DDR-Schulspeisung … Einmal in der Woche gab es Milchreis oder Griesbrei mit Zimt und Zucker! War das schlecht? Im Gegenteil: Gut, des Zimts wegen!

Roshni George und Donald Graves von der University of California in Santa Barbara haben die Wechselwirkung von Inhaltsstoffen des Zimts mit dem Tau-Protein bei der Entstehung der Alzheimerkrankheit genauer untersucht. Die Ergebnisse stellten sie im »Journal of Alzheimer's Disease« (DOI: 10.3233/JAD-122113) vor.

Die Alzheimerkrankheit ist bekanntlich eine neurodegenerative Krankheit, für die bisher keine Heilung in Sicht ist. Kosten der Erkrankung 2013 in den USA allein: 200 Milliarden Dollar!

Nun soll es also der billige Zimt richten? Die in Stangenform oder als Pulver verwendete Rinde des Zimtbaums wird in China seit mindestens 4000 Jahren traditionell als Heilmittel verwendet. Und schon lange wird ihr eine Wirkung gegen Diabetes Typ II zugeschrieben. Die ist aber bisher nicht ausreichend wissenschaftlich bewiesen.

Das Gewürz, im Hebräischen »Qinnamon« und von Moses in der Bibel als eine der Zutaten des Salböls benannt, wirkt nachweislich entzündungshemmend und antimikrobiell.

Bekanntlich bilden sich im Gehirn der Alzheimerkranken »Plaques« aus fehlerhaft gefalteten kleinen Proteinen. Zusammen mit den Plaques lagern sich sogenannte Neurofibrillen in Form von Knäueln in den Neuronen ab.

Fehlerhafte Formen der sogenannten Tau-Proteine binden sich aus dem Zellkörper heraus an die Nervenzellen, verklumpen und können somit nicht mehr zurück in den Zellkörper. Sie blockieren damit die Neuronen tödlich. Je älter wir werden, desto mehr dieser Knäuel bilden sich.

Eine Komponente, die für den typischen Zimtgeruch verantwortlich ist, Zimtaldehyd, verhindert die Tau-Knäuel-Bildung, indem sie vor oxidativem Stress schützt. Zimtaldehyd bindet an den Schwefel der zwei Aminosäure-Gruppen Cystein in Tau. Sie sind extrem wichtig für die Pro᠆tein-Stabilisierung.

Zimtaldehyd ist wie der Sonnenschirm, mit dem sich Chinesinnen gegen UV-Strahlung schützen. Epicatechin, das in Blaubeeren, dunkler Schokolade und Rotwein gefunden wird, ist gleichfalls ein mächtiges Antioxidanz.

Soll man nun Zimt in großen Mengen zu sich nehmen? Nein! Das Gewürz, vor allem der von der Lebensmittelindustrie oft benutzte preisgünstige Cassia-Zimt aus China, enthält nämlich viel Cumarin. Diese würzig riechende Substanz kann in größeren Mengen genossen zu Kopfschmerzen, Erbrechen und Schwindel führen, bei Überdosierung sogar zu Lähmung, Atemstillstand und Koma!

Doch wie sagte schon Paracelsus: Die Dosis macht das Gift.

Fazit: Inzwischen wissen zumindest viele wendegebeutelte Ossis, dass nicht alles schlecht war in der DDR. Nun also die Milchreis-mit Zimt-und-Zucker-Schulspeisung …

Kein Wunder also, dass wir das bessere Gedächtnis haben!

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