Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Niederlande: Huren normale Dienstleister

Am 1 Oktober fällt das Bordellverbot Von Annette Birschel, Amsterdam

  • Lesedauer: 2 Min.

Das älteste Gewerbe der Welt wird in den Niederlanden zu einem ganz normalen Beruf. Am 1. Oktober fällt das Bordellverbot - Prostitution wird eine legale Dienstleistung. Eine gute Nachricht für die schätzungsweise 6000 Prostituierten, findet deren Interessenvertretung «Der rote Draht» (De Roode Draat). Endlich könnten Huren ihr Leben in der Illegalität aufgeben und hätten eine gesetzliche Handhabe gegen Zuhälter, Zwang und schlechte Arbeitsbedingungen. Die schlechte Nachricht für sie: Sie müssen auch Steuern und Sozialversicherung zahlen und Buchhaltung führen.

«Viele Huren haben Angst davor», sagt eine Sprecherin der Gewerkschaft der Prostituierten. Sie wüssten nicht, was auf sie zukommt. Die meisten wollten selbstständige Unternehmerinnen bleiben, schreckten aber vor dem Papierkram zurück. Auch seien Sozialämter, Steuerbehörden und das Arbeitsrecht noch nicht auf den neuen Berufszweig vorbereitet. Wann gilt eine Hure als arbeitsunfähig, ab wann kann sie in Rente gehen? «Viele tauchen sicher in die Illegalität ab», fürchtet der «Rote Draht». Schon jetzt arbeiteten viele Frauen aus Südamerika und Osteuropa illegal.

Doch Polizei und Justiz sind erleichtert. «Endlich können wir die Auswüchse der Prostitution bekämpfen», sagt das Justizministerium. Alles werde nun «durchsichtiger», auch Menschenhandel und sexueller Missbrauch von Kindern.

Eine schlechte Nachricht ist das neue Gesetz für Zuhälter und Bordellinhaber. Sie müssen sich nun auf Kontrollen gefasst machen. Wer Minderjährige oder Prostituierte aus Nicht-EU-Ländern beschäftigt, dem droht der Entzug der Lizenz. Die Auflagen für ein Bordell sind je nach Gemeinde verschieden. Aber überall gilt: Kondome sind Pflicht und die Regeln zur Größe der Zimmer oder der Fenster, hinter denen die leichten Damen im weltberühmten Rotlichtviertel von Amsterdam etwa sitzen, müssen eingehalten werden.

Arie de Jong, Bordellinhaber in Den Haag, ist sauer- «Für uns wird es immer schwieriger. Schon jetzt stehen viele Zimmer leer, weil wir nicht genug Frauen aus der EU finden.» Von dem neuen Gesetz habe er nichts. «Wenn ich morgen einen Kredit von meiner Bank will, dann krieg ich den doch nicht, ob mein Betrieb nun legal ist oder nicht.»

Die Legalisierung wird die Zuhälter auch Geld kosten. Denn als ordentliche Arbeitgeber müssen sie auch Sozialabgaben zahlen. Und sie werden sich auf Tarifverhandlungen gefasst machen müssen. Der niederländische Gewerkschaftsbund hat bereits angekündigt, den neuen Ar beitnehmern helfen zu wollen. epd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -