Flüchtlingsräte in Finanznöten

Fördermittel für Vereine in Bayern und Nordrhein-Westfalen versiegen

  • Rolf-Henning Hintze, München
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Bayerische Flüchtlingsrat muss nach der Verweigerung von Zuschüssen um seine Existenz fürchten. Noch stärker ist der Flüchtlingsrat in Nordrhein-Westfalen betroffen, weil ihm zusätzlich Fördermittel aus dem Landeshaushalt gestrichen wurden.
Eigentlich wollte der bayerische Flüchtlingsrat in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiern, nun aber muss er sich auf Wichtigeres konzentrieren. »Rettet den Flüchtlingsrat!« heißt es auf einer Postkarte, mit der er um Spenden und Fördermitgliedschaften wirbt, um die ernsteste Krise seines Bestehens zu überwinden. Ausgelöst wurde sie durch die überraschende Nichtbewilligung von Fördermitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds, über deren Vergabe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg entscheidet. Dieses Jahr verteilte das Amt über 700 000 Euro an Projekte in Bayern, doch die 24 000 Euro, die der bayerische Flüchtlingsrat als Zuschuss für seine Aktivitäten beantragt hatte, wurden abgelehnt. Obwohl Bayern und Nordrhein-Westfalen die Bundesländer mit der höchsten Zahl von Flüchtlingen sind, bekommen ihre Flüchtlingsräte im Gegensatz zu ihren Schwesterorganisationen anderer Bundesländer keine Förderungsmittel aus dem EU-Fonds. Dabei arbeiten alle Flüchtlingsräte nach einem gemeinsamen Konzept. Stephan Dünnwald, Sprecher des bayerischen Flüchtlingsrats, kann für die Entscheidung des Bundesamtes keine sachlichen Gründe erkennen. »Wir rätseln nach wie vor, warum wir aus der Förderung rausgefallen sind.« Es sei »nicht unplausibel, dass da politische Gründe eine Rolle spielen.« Aber das nachzuweisen sei schwer. Im Fall des nordrhein-westfälischen Flüchtlingsrates liegt die politische Begründung auf dem Tisch. Die CDU setzte die Streichung der vergleichsweise geringen Summe von 150 000 Euro Fördermitteln aus dem Landeshaushalt mit der Begründung durch, dass die CDU-Fraktion in den vergangenen zehn Jahren vom Grundsatz her eine andere Ausrichtung der Flüchtlings- und Asylpolitik gewollt habe. Das Nürnberger Bundesamt begründet seine Ablehnung hingegen mit einer »dünnen Finanzdecke« und großer Konkurrenz. Gar so dünn ist diese Finanzdecke allerdings nicht, denn immerhin wurden in Bayern 23 Projekte mit über 710 000 Euro gefördert (die Gesamtsumme für alle Bundesländer beläuft sich auf 6,3 Millionen Euro). Dabei ist auffallend, dass mehr als ein Drittel der in Bayern geförderten Projekte von der Caritas beantragt wurden. Hans-Jürgen Helwig, der im vierköpfigen Vergabegremium des Bundesamtes sitzt, versucht den vom Flüchtlingsrat geäußerten Verdacht politischer Missliebigkeit mit der Bemerkung zu zerstreuen: »Wir versuchen, neutral zu entscheiden.« Der Aufruf des bayerischen Flüchtlingsrats hat inzwischen »sehr positive Resonanz« gefunden. Nach Angaben von Stephan Dünnwald gingen über 8000 Euro ein und es gibt inzwischen 140 der angestrebten 240 neuen Fördermitglieder. »Über den Berg sind wir aber noch nicht«, fügt Dünnwald hinzu. Spenden für den bayerischen Flüchtlingsrat: Konto 88 32 602, Sozialbank, BLZ 700 205 00, Stichwort: »Zusammenhalten«

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