e*? Mehr Milch für Kubas Kinder - auch in Nazareno
Erstes Projekt von Cuba Si mit nationaler Konferenz abgeschlossen
Von Anja Höschel
Vor acht Jahren startete Cuba Si in Kuba sein erstes Milchprojekt unter dem Motto «Milch für Kubas Kinder» im Landwirtschaftsbetrieb Valle del Peru in der Provinz Havanna. Mit einer nationalen Konferenz über weideabhängige Milchproduktion fand das Projekt am Wochenende seinen Abschluss.
Als Delegierte von Cuba Si konnte ich mich auf der Konferenz von der Bedeutung dieses Projektes für die kubanische Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit, vor allem der kubanischen Kinder, überzeugen. Rinderzüchter, Weidespezialisten, Agrarökonomen und Agrarwissenschaftler aus allen Teilen Kubas waren nach Valle del Peru gekommen. Dr. Elio Perön, Präsident der kubanischen Vereinigung für Tierproduktion (ACPA), zog eine beeindruckende Bilanz des Projektes. Nach seinen Worten war Cuba Si nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers die erste ausländische Organisation, die 1993 ein Projekt zur Umgestaltung der kubanischen Weidewirtschaft und Milchproduktion begann. In einer Zeit, als die wirtschaftliche Krise in Kuba auf ihrem Höhepunkt angelangt war, die Landwirtschaft vor schier unlösbaren Problemen stand und die Ver schärfung der USA-Blockadepolitik drohte, die Insel zu erdrosseln. Diesem Beispiel folgten andere internationale Hilfsorganisationen und so gesehen habe Cuba Si mit diesem Projekt in mehrfacher Hinsicht eine Pilotfunktion erfüllt.
Die wirtschaftliche Krise in Kuba war Anfang der neunziger Jahre unter anderem auch dadurch gekennzeichnet, dass Importe von Kraftfutter, Treibstoff, Maschinen und Ersatzteilen zum Erliegen kamen. Die Milchproduktion, die von solchen Importen abhing, sank allein 1992 von 740 Millionen auf 336 Millionen Liter im Jahr. Rinder starben oder mussten notgeschlachtet werden, da es kein-Futter gab. Die Abhängigkeit von ausländischen Lieferungen zu reduzieren, bildete für Cuba Si den Ausgangspunkt der Überlegungen. So beschlossen wir gemeinsam mit der ACPA ein Projekt zur weideabhängigen Milchproduktion durchzuführen. Fachlichen Rat fanden wir bei Wissenschaftlern der Fakultät für Nutztierökologie der Berliner Humboldt-Universität.
Das erste Vorhaben, die inzwischen schon berühmte Pilotstallanlage Vaqueria 40 gilt gleichzeitig landesweit als Referenz und Studienobjekt. Mit Projektmitteln wurden die Ställe repariert, eine mechanische Melkanlage wiederaufgebaut, die Naturweiden umgepflügt und gezielt mit Futterpflanzen bestellt. Zudem wurde in die erforderliche Technik und das Werkzeug für die Arbeiten in den Ställen und auf den Feldern investiert. Drei Wohnhäuser für die an dieser Stallanlage beschäftigten Familien sind neugebaut worden. Jede Familie hat rund 0,25 Hek tar Land zum Anbau von Gemüse, Obst sowie Futter für ihre Kleintiere erhalten.
Viel hat sich getan: die Wasserleitungen wurden neu gelegt, eine Biogasanlage gebaut, deren Energie zum Kochen und für eine Notbeleuchtung genutzt wird. Bereits 1994 konnte das Projekt schrittweise auf die anderen Stallanlagen des Betriebes ausgeweitet werden. In 38 Stallanlagen des Betriebes sind die gleichen Voraussetzungen geschaffen worden wie in der Vaqueria 40.
Heute wachsen auf den circa 1000 Hektar Acker- und Weideflächen proteinhaltige Pflanzen wie Stern- und Guineagras, Zuckerrohr, Kinggras und Leucaena. Es handelt sich dabei um eine Mischung, die von kubanischen Spezialisten ständig weiterentwickelt wird, um die günstigste Futtergrundlage für die rund 1700 Rinder zur Verfügung zu haben. Damit wurde ein wichtiges Ziel des Projektes, das Rindersterben zu stoppen und stabile Herden zu entwickeln, erfüllt.
Allein die ersten zehn Vaquerias, die in das Projekt einbezogen wurden, produzierten zwischen 1995 und 2000 3,2 Millionen Liter Milch. Diese produzierte Milch entspricht 320 Tonnen Milchpulver zu einem Importpreis von 750 000 US- Dollar. Ein Ergebnis, das ohne Projektar beit nicht erreicht worden wäre und den Betrag von 740 000 US-Dollar, den Cuba Si bis Ende 2000 zur Verfügung gestellt hat, rechtfertigt. Weiterhin gehören die finanzielle und materielle Unterstützung für die Poliklinik und das neugebaute Familienarzthaus sowie für die Tamara- Bunke-Schule zur Bilanz. Mit Maßnahmen wie der Erhöhung des Aufkaufpreises für Milch, der Einführung eines leistungsbezogenen Lohn- und der Dezentralisierung des Leitungssystems hat die Projektarbeit dazu beigetragen, dass im Betrieb Valle del Peru kontinuierlich mehr Milch produziert und seit dem Jahr 2000 schwarze Zahlen geschrieben werden können.
Der Abschluss im Valle del Peru bedeutet gleichzeitig einen Neuanfang, denn seit dem 1. Januar 2001 unterstützt Cuba Si im benachbarten Betrieb von Nazareno ein weiteres Projekt mit gleichem Charakter. Die Konferenz wurde natürlich sowohl von den Vertretern unserer Milchprojekte in Sancti Spiritus und Guantänamo als auch von der neuen Mannschaft aus Nazareno zum Erfahrungsaustausch genutzt. Viele Leserinnen und Leser des ND beteiligen sich mit finanziellen und materiellen Spenden an der Solidaritätskampagne «Milch für Kubas Kinder». Allen soll ich herzliche Dankesgrüße von unseren Projektpartnern übermitteln. Trotz vieler noch ungelöster Probleme - das Treffen hat mich optimistisch gestimmt: Wir schaffen mit unserer Solidarität keine privilegierten Inseln, sondern Grundlagen für Entwicklung, die sich durch die gemeinsamen Anstrengungen aller potenzieren, was letztendlich den Kindern Kubas zu Gute kommt.
Spendenkonto: Parteivorstand der PDS/ AG Cuba Si, Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00) Konto-Nr. 13 2222 10 VWZ. Milch für Kubas Kinder
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.