Werbung

Umweltschäden begleicht der Staat

Der finnische Nickelförderer Talvivaara meldete Insolvenz an

  • Andreas Knudsen
  • Lesedauer: 3 Min.
Erst verseuchte der Betreiber eines Nickel-Tagebaus in Mittelfinnland großflächig die Natur - jetzt muss wohl der Steuerzähler die Sanierung bezahlen.

Als im Jahr 2008 in Mittelfinnland Europas größte Nickelgrube eröffnet wurde, fehlte es nicht an Prominenz, um das Ereignis zu feiern. Neben zahlreichen Ministern war auch Ministerpräsident Matti Vanhanen zugegen. Große Hoffnungen verknüpften sie mit der wirtschaftlichen Entwicklung der strukturschwachen Region. Rund 570 Beschäftigte sind direkt mit dem Abbau von Nickel beschäftigt, dazu kommen noch mehrere Hundert Arbeitsplätze bei Zulieferern.

Doch schon bei der Entdeckung der Erzvorkommen 1977 wurden diese als relativ arm bezeichnet. Erst der Anstieg der Metallpreise um die Jahrtausendwende machte den Abbau attraktiv. Anteile an dem eigens für die Erschließung gegründeten Staatsunternehmen Talvivaara Mining Company wurden an den Börsen in Helsinki und London platziert, um das nötige Kapital zu besorgen.

Doch die großen Träume verwandelten sich rasch in Alpträume, nicht nur für Umweltschützer, sondern auch für die wirtschaftlich Verantwortlichen. Aufgrund des relativ geringen Nickelgehalts musste eine unerprobte Technologie, das sogenannte Bioheapleaching, angewendet werden, bei der das Nickel durch eine mikrobielle Lauge angereichert wird. Erforderlich sind dafür große Behälter für die Abwässer. Im Fall von Talvivaara waren diese zu klein bemessen und auch undicht, was mehrfach zum Austritt giftiger Lauge in die umliegenden Gewässer führte. Umweltschützer schätzen, dass es zu Verunreinigungen im Umkreis von bis zu 100 Kilometern gekommen ist. Der Austritt der Giftbrühe, die wegen des Urangehaltes zudem schwach radioaktiv ist, führte mehrfach zum Produktionsstopp. Hohe wirtschaftliche Verluste waren die Folge, die zunächst durch staatliche Kapitalspritzen gedeckt wurden. Der harte finnische Winter sowie schwere Regenfälle in diesem Frühjahr verzögerten die Reparaturarbeiten und führten zu weiteren Austritten. Geschätzt wird, dass wenigstens 1,8 Millionen Kubikmeter Lauge in die Natur freigesetzt wurden.

Die hohen Reparaturkosten sowie fallenden Metallpreise auf dem Weltmarkt entzogen der Talvivaara-Tagebau in den vergangenen Monaten den letzten Rest wirtschaftlicher Kraft - in dieser Woche stellte das Unternehmen beim zuständigen Gericht Insolvenzantrag. Die Leitung der Grube hofft indes weiter auf Investoren und insbesondere auf den Staat. Dieser ist bereits zu rund 16 Prozent an Talvivaara beteiligt. Dazu kommen mehrere Pensionsfonds aus dem öffentlichen Dienst, die Aktien erworben haben.

Die Aussichten auf weiteres Kapital aus Steuergeldern werden jedoch als äußerst gering eingeschätzt. Es geht nur noch um Schadensbegrenzung, denn die chemischen Prozesse laufen noch Monate weiter. Anschließend winkt eine Rechnung in noch nicht absehbarer Millionenhöhe für die Umweltsanierung. Die Aufräumarbeiten werden erschwert und verteuert durch den Uranabbau als Nebenprodukt. Talvivaara hat nicht das Kapital, für diese Kosten aufzukommen - letztlich wird der finnische Steuerzahler zur Kasse gebeten werden.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.