Umweltschäden begleicht der Staat
Der finnische Nickelförderer Talvivaara meldete Insolvenz an
Als im Jahr 2008 in Mittelfinnland Europas größte Nickelgrube eröffnet wurde, fehlte es nicht an Prominenz, um das Ereignis zu feiern. Neben zahlreichen Ministern war auch Ministerpräsident Matti Vanhanen zugegen. Große Hoffnungen verknüpften sie mit der wirtschaftlichen Entwicklung der strukturschwachen Region. Rund 570 Beschäftigte sind direkt mit dem Abbau von Nickel beschäftigt, dazu kommen noch mehrere Hundert Arbeitsplätze bei Zulieferern.
Doch schon bei der Entdeckung der Erzvorkommen 1977 wurden diese als relativ arm bezeichnet. Erst der Anstieg der Metallpreise um die Jahrtausendwende machte den Abbau attraktiv. Anteile an dem eigens für die Erschließung gegründeten Staatsunternehmen Talvivaara Mining Company wurden an den Börsen in Helsinki und London platziert, um das nötige Kapital zu besorgen.
Doch die großen Träume verwandelten sich rasch in Alpträume, nicht nur für Umweltschützer, sondern auch für die wirtschaftlich Verantwortlichen. Aufgrund des relativ geringen Nickelgehalts musste eine unerprobte Technologie, das sogenannte Bioheapleaching, angewendet werden, bei der das Nickel durch eine mikrobielle Lauge angereichert wird. Erforderlich sind dafür große Behälter für die Abwässer. Im Fall von Talvivaara waren diese zu klein bemessen und auch undicht, was mehrfach zum Austritt giftiger Lauge in die umliegenden Gewässer führte. Umweltschützer schätzen, dass es zu Verunreinigungen im Umkreis von bis zu 100 Kilometern gekommen ist. Der Austritt der Giftbrühe, die wegen des Urangehaltes zudem schwach radioaktiv ist, führte mehrfach zum Produktionsstopp. Hohe wirtschaftliche Verluste waren die Folge, die zunächst durch staatliche Kapitalspritzen gedeckt wurden. Der harte finnische Winter sowie schwere Regenfälle in diesem Frühjahr verzögerten die Reparaturarbeiten und führten zu weiteren Austritten. Geschätzt wird, dass wenigstens 1,8 Millionen Kubikmeter Lauge in die Natur freigesetzt wurden.
Die hohen Reparaturkosten sowie fallenden Metallpreise auf dem Weltmarkt entzogen der Talvivaara-Tagebau in den vergangenen Monaten den letzten Rest wirtschaftlicher Kraft - in dieser Woche stellte das Unternehmen beim zuständigen Gericht Insolvenzantrag. Die Leitung der Grube hofft indes weiter auf Investoren und insbesondere auf den Staat. Dieser ist bereits zu rund 16 Prozent an Talvivaara beteiligt. Dazu kommen mehrere Pensionsfonds aus dem öffentlichen Dienst, die Aktien erworben haben.
Die Aussichten auf weiteres Kapital aus Steuergeldern werden jedoch als äußerst gering eingeschätzt. Es geht nur noch um Schadensbegrenzung, denn die chemischen Prozesse laufen noch Monate weiter. Anschließend winkt eine Rechnung in noch nicht absehbarer Millionenhöhe für die Umweltsanierung. Die Aufräumarbeiten werden erschwert und verteuert durch den Uranabbau als Nebenprodukt. Talvivaara hat nicht das Kapital, für diese Kosten aufzukommen - letztlich wird der finnische Steuerzahler zur Kasse gebeten werden.
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