Von Klingenthal bis Titisee
Gleich fünfmal macht der Skisprung-Weltcup in Deutschland Station - zum Auftakt am Sonnabend im Vogtland
Geschneit hat es noch nicht in Klingental. Dem größten Tag in der Geschichte der sächsischen Skisprung-Hochburg steht dennoch nichts mehr im Wege: Mit eingelagertem Schnee aus dem vergangenen März haben die Veranstalter die Schanze bestens präpariert, damit am Wochenende erstmals eine Weltcupsaison in Deutschland starten kann. »Für uns geht ein Traum in Erfüllung«, sagt Alexander Ziron, Geschäftsführer des Ausrichters VSC Klingenthal, vor der Premiere im Vogtland.
Seit 2002 hatte der Weltcupwinter immer in Nordeuropa begonnen, in Lillehammer (Norwegen) oder Kuusamo (Finnland). Doch am Polarkreis gab es zwar viel Schnee, aber kaum Zuschauer. Der Weltverband FIS suchte daher einen Ort, der »viele Fans mobilisieren kann, um die perfekte Kulisse für eine richtige Saisoneröffnung zu bieten«, sagte Renndirektor Walter Hofer. Den Zuschlag erhielt das kleine Klingenthal. Vor allem, weil in den vergangenen Jahren auch unter der Woche immer Tausende Fans an die Schanze geströmt waren.
Weil zudem Titisee-Neustadt nach sieben Jahren in den Kalender zurückkehrt, wird der Weltcup in diesem Winter so deutsch wie noch nie. Klingenthal, Neustadt, Willingen, dazu Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen bei der Vierschanzentournee - fünf verschiedene Städte hatte es bisher nur im Winter 2006/2007 gegeben. »Es ist für uns super, so viele Springen im eigenen Land zu haben. Das gibt uns Rückenwind«, sagt Bundestrainer Werner Schuster, der auf einen Heimsieg hofft.
Dass ein Weltcup vor allem auch die Wirtschaft ankurbelt, zeigt Rückkehrer Titisee-Neustadt. 2007 habe es neben dem Werbeeffekt für den kleinen Ort im Schwarzwald auch einen Umsatz von rund 1,5 Millionen Euro gegeben, rechneten die Veranstalter ihren Kritikern unlängst vor und erklärten: »Das Springen ist ein Magnet, und die Werbewirksamkeit ist mit Geld nicht zu bezahlen. Mit keiner anderen Marketingmaßnahme wird der Name von Titisee-Neustadt ähnlich positiv in alle Welt hinaus getragen.« Ähnliches gilt für Klingenthal, das seine Bekanntheit dem Bau von Musikinstrumenten verdankt - und eben dem Skispringen. Zu DDR-Zeiten stand hier die renommierte Kinder- und Jugendsportschule (KJS), die unter anderem der spätere Tourneesieger Sven Hannawald durchlief.
Spätestens am Wochenende wird der Name Klingenthal auch international wahrgenommen. »Ich freue mich, dass Klingenthal nach dieser jahrelangen fantastischen Arbeit die Chance bekommt und die Aufmerksamkeit der europäischen Presse haben wird«, sagt Bundestrainer Schuster. Auf zusätzlichen Schwung hoffen auch die DSV-Adler. »Es ist sehr schön, zu Hause den Saisonauftakt zu haben. Auf einer Schanze, die wir kennen, auf der wir viel trainieren. Im Sommer war schon gute Stimmung, im Winter wird sie noch besser sein«, sagt Vorflieger Severin Freund, der 2012 das Mattenspringen in Klingenthal gewann. Vor sechs Wochen folgte ihm Youngster Andreas Wellinger, der zudem als erst dritter Deutscher die Gesamtwertung der Sommerwettkämpfe gewann. Nun soll es auch im Winter mit einem Heimsieg klappen - notfalls auf Schnee von gestern. SID
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