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Schnippeln für die Zukunftssuppe

Berliner Projekte suchen Wege für eine zukunftsfähige Ernährung in der Stadt

  • Ralf Hutter
  • Lesedauer: 3 Min.
Großstädte haben ein großes Potenzial an Selbstversorgung mit Gemüse und Obst - und Initiativen mit entsprechenden Ideen gibt es genug.

Wie kann sich Berlin im Zusammenspiel mit seinem Umland nachhaltiger ernähren? Und wie Dresden, Hannover und Köln? Auf lokalen Vernetzungstreffen treten Initiativen miteinander in Kontakt, die neue Modelle der Produktion und der Verteilung von Lebensmitteln erarbeiten.

Die Veranstaltungsreihe, die in sieben weiteren Städten fortgeführt werden soll, heißt »Politischer Suppentopf«. Der Name hat eine doppelte Bedeutung: Zum einen finden die Versammlungen tatsächlich neben einer Kochstelle statt, wo die Gruppe »Fläming Kitchen« um den Aktivisten Wam Kat mit ihrer Feldküche ein Essen zubereitet, für das die Teilnehmenden in den Vortragspausen das Gemüse schneiden. Zum anderen ist mit »Schnippeln für die Zukunftssuppe« das Zusammentragen von Ideen gemeint. Alle Initiativen zusammengebracht, sozusagen in einen Topf geworfen, sollen »Rezepte für zukunftsfähige Landwirtschaft und gutes Essen für alle entwickeln«, wie es im Veranstaltungskonzept heißt. Regionale Zutaten sind dabei ein Muss - in allen Städten präsentieren sich jeweils Projekte von vor Ort.

Im »Politischen Suppentopf« schwammen am Ende auch konkrete, motivierende Zahlen: »In Berlin gibt es 2400 Hektar Agrarfläche«, sagte Max von Grafenstein vom Berliner Projekt Bauerngarten. »Wir versorgen 350 Menschen pro Hektar mit Gemüse. Hochgerechnet auf Berlin könnten sich also über 800 000 Menschen mit Gemüse versorgen.« Herbert Lohner, Referatsleiter Naturschutz beim Berliner Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschaft (BUND), berichtete von einer wissenschaftlich validen Studie über das Londoner Potenzial, die die Professorin Katrin Bohn von der Technischen Universität Berlin durchgeführt hat: »30 Prozent seines Gemüses könnte London selbst produzieren«, hielt er fest. Die Soziologin und Gemeinschaftsgartenaktivistin Elisabeth Meyer-Renschhausen erwähnte, schon in den 1920er Jahren hätten Experimente gezeigt, dass eine Fläche von 200 Quadratmetern eine vier- bis fünfköpfige Familie ernähren könne, wenn auch ohne Getreide.

Mehr als ein Dutzend Vereine und Initiativen waren am Samstag ins Zentrum für Kunst und Urbanistik nach Berlin-Moabit gekommen, um sich der Frage zu widmen: Wie wollen wir Stadt und Land in Zukunft ernähren? Eingeladen hatten das bundesweite Bündnis »Meine Landwirtschaft«, das sich seit 2010 für einen Wandel in der EU-Agrarpolitik einsetzt, und das Entwicklungshilfenetzwerk Inkota.

Rund 80 Menschen nahmen an dem Treffen teil, die sich über den 2008 veröffentlichten Weltagrarbericht informierten und sich Berichte über die Vorstellungen der anderen Berliner und Brandenburger Projekte anhörten. Letztere reichten von Berliner Gemeinschaftsgärten und Landwirtschaftsprojekten über Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung bis hin zu Stadt-Land-Versorgungsgemeinschaften und Vereinen, die sich für den Erhalt der Saatgutvielfalt einsetzen. Der erwähnte Bauerngarten etwa bietet an drei Berliner Standorten von Fachleuten vorbereitete Parzellen an, die Laien gegen eine Pacht selbst bearbeiten und abernten können. Zum Schluss zeigten sich etliche Anwesende gegenüber »nd« sehr zufrieden mit der Veranstaltung, auf der vielfältige Projekte aufgezeigt haben, dass eine Agrarwende auch in der Stadt möglich ist.

Die nächsten Termine: 1.12. Dresden, 14.12. Köln, 15.12. Hannover

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