Neonaziverein bleibt verboten

Oberverwaltungsgericht bestätigte Entscheidung des Innenministeriums

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 4 Min.
Das Verbot der »Widerstandsbewegung in Südbrandenburg« durch das brandenburgische Innenministerium ist rechtmäßig. Das entschied gestern das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Seit dem 11. Juni 2012 ist die neonazistische Vereinigung »Widerstandsbewegung in Südbrandenburg« verboten, die vor allem in der Gegend von Cottbus ihr Unwesen trieb. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte am Mittwoch die Entscheidung des Innenministeriums und ließ eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zu. Kläger Marcel Forstmeier, Aktivist der rechten Szene in Brandenburg, muss auch die Kosten des Verfahrens tragen.

Erster Streitpunkt war die Frage, ob es sich bei der »Widerstandsbewegung in Südbrandenburg« überhaupt um einen Verein im Sinne des Vereinsgesetzes handele. »Auch wenn traditionelle Vereinsstrukturen nicht sichtbar sind, stellt er sich im Internet und durch seine Aktionen als eine Vereinigung mit organisierter Willensbildung dar«, urteilten die Richter. Um als Verein zu agieren, habe man die modernen Kommunikationsmittel genutzt. Die Internetseite »Spreelichter-Info« habe zur Verbreitung der nazistischen Ideologie gedient. Ein formaler Gründungsakt sei deshalb nicht erforderlich. Die handelnden Personen seien eng miteinander verbunden, hätten mit dem Netzwerk einen hohen Organisationsgrad und feste Strukturen gezeigt.

Auch die Frage der Zuständigkeit Brandenburgs für das Verfahren bejahten die Richter. Die Klageseite hatte moniert, dass die Bewegung im gesamten Bundesgebiet operiere, somit eine Zuordnung zu Brandenburg falsch sei. Ein Verbot hätte aus diesem Grund das Bundesinnenministerium aussprechen müssen. Das wies das Gericht zurück. Schwerpunkt der volksverhetzenden Tätigkeit sei eindeutig Brandenburg gewesen, vor allem die Region um Cottbus und Lübben. Außerdem haben die Hauptakteure in Südbrandenburg ihren Wohnsitz, hieß es. Zweck und Tätigkeit der Vereinigung richten sich klar »gegen die verfassungsmäßige Ordnung, insbesondere gegen das Demokratieprinzip«, so die Begründung des Urteils. Die Bewegung lehne die Demokratie grundsätzlich ab und bekämpfe sie aggressiv. Beispiel dafür sei eine Kampagne mit dem Slogan »Die Demokraten bringen uns den Volkstod«. Viele Begriffe und Formulierungen wie »Volksgemeinschaft« und »Überfremdung« seien der Naziideologie entlehnt. »Der Verein weist in Programm, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf«, urteilten die Richter. Außerdem seien Repräsentanten der Nazidiktatur wie Rudolf Hess verherrlicht worden. Die Umzüge mit Masken und Totenkostümen erinnerten sehr an die Aufzüge der Faschisten.

In zwei Fragen wich das Gericht von der Entscheidung des Innenministeriums ab. So fanden die vom Land eingesetzten Überwachungsmaßnahmen keine Zustimmung, weil dafür strenge gesetzliche Regelungen gelten. Doch die eigene Darstellung der Neonazis im Internet, die Äußerungen und die gespenstischen Aufzüge rechtfertigten das Verbot. Auch sei im Verbotsverfahren nicht nachgewiesen worden, dass der Verein gegen die Völkerverständigung aktiv sei. Doch auch dies sei für die Urteilsfindung unerheblich gewesen.

Forstmeiers Anwalt Wolfram Nahrath wertete die Entscheidung dennoch als kleinen Erfolg der Bewegung. Man habe nicht nachweisen können, dass sich der Verein gegen die Völkerverständigung richte. Insofern werde er Beschwerde gegen das Urteil einlegen. Einzelheiten des Vorgehens wollte Nahrath nicht nennen.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der noch als Innenminister das Verbot im letzten Jahr verfügt hatte, zeigte sich über das Urteil erfreut. »Eine wehrhafte Demokratie kann mit rechtsextremistischer Bedrohung fertig werden. Wir dürfen in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nur nicht nachlassen, auch wenn dieser teilweise als Wolf im Schafspelz agiert«, erklärte er. Auch der Verein Opferperspektive begrüßte das Urteil. »Unsere Erfahrungen in Südbrandenburg zeigen allerdings deutlich, dass ein Organisationsverbot nur kurzfristig Erfolg hat.« Langfristig wirke nur eine lebendige und vielfältige Jugendkultur. Nachdem das Verbot der »Spreelichter« im Juni 2012 zunächst zu einem Rückgang neofaschistischer Aktionen und Übergriffe geführt habe, stelle die Opferperspektive 2013 wieder verstärkt Gewalttaten und Bedrohungen fest, hieß es. In Spremberg seien alternative Jugendliche eingeschüchtert und angegriffen worden. »Oft handelt es sich bei den Tätern um Minderjährige, die im Umfeld der verbotenen Organisation politisch sozialisiert wurden.« Inzwischen gebe es wieder Aktionen und Webseiten, die denen der »Spreelichter« gleichen. In Senftenberg und Lauchhammer tauche seit Oktober eine als Krümelmonster aus der Sendung »Sesamstraße« verkleidete Personen auf und verteilte Flugblätter in der Fußgängerzone. »Demokraten bringen uns den Volkstod« sei die Botschaft.

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