Basescu rührt die Trommel der »Wiedervereinigung«

Rumäniens neues »Großprojekt« soll nach dem Willen des Noch-Präsidenten der Anschluss der Republik Moldau sein

  • Anton Latzo
  • Lesedauer: 3 Min.
Präsident Traian Basescu hat erneut die Vereinigung Rumäniens mit der Republik Moldau gefordert. Das müsse das nächste Großprojekt nach dem NATO- und dem EU-Beitritt Rumäniens sein.

Traian Basescu nahm die Paraphierung des Assoziierungs- und Freihandelsabkommens zwischen der Republik Moldau und der EU in Vilnius zum Anlass, um das »Großprojekt« der Vereinigung des Nachbarn mit Rumänien zu proklamieren. Mit der Losung »Blut ist dicker als Wasser« spielte er auf eine Zusammengehörigkeit Rumäniens und der rumänisch sprechenden Bevölkerung in Moldova an. »Ein Volk, das die Gelegenheit hat, sich zu vereinigen, wird niemals darauf verzichten«, sagte Basescu. der in der EU-Annäherung der Nachbarrepublik offenbar eine Gelegenheit sieht, Grenzen zu verändern und das Einverleibungsprojekt voranzutreiben. Die Destabilisierung der Lage in der Region wäre eine direkte Folge.

Der sozialdemokratische Premier Victor Ponta kritisierte das Ansinnen Basescus denn auch, allerdings vor allem, weil Basescu damit »den moldauischen Kommunisten in die Hände« spiele. Die Partei der Kommunisten der Republik Moldau (PCRM) widersetzt sich dem EU-Kurs der Regierung in Chisinau unter anderem mit dem Argument, dass Rumänien das Land unter dem Vorwand der EU-Integration annektieren wolle. Ein KP-Sprecher warf Basescu vor, er beabsichtige »in der Region erneut eine Zündschnur anzustecken«.

Der Vorgang ist bezeichnend für die innenpolitischen Auseinandersetzungen in Rumänien ein Jahr vor der nächsten Präsidentenwahl. Die erbittert miteinander konkurrierenden politischen Lager von Premier Ponta - die Regierungskoalition von Sozialdemokraten und Nationalliberalen - und Präsident Basescu sind bestrebt, sich die besten Ausgangspositionen für diese Wahl zu verschaffen. Tatsächlich bewirkt dieser Machtkampf den weiteren Verfall der politischen Kultur im Lande und verhindert die Lösung der wachsenden Widersprüche in der rumänischen Gesellschaft.

Rumänien erlebte nach seinem Beitritt zur EU die Explosion von Auslands- und öffentlicher Verschuldung, die Vernichtung ganzer volkswirtschaftlicher Bereiche und die Übernahme der entscheidenden Teile der Volkswirtschaft durch das ausländische Kapital. Im Ergebnis kommen zwei Drittel der Exporte von rumänischem Territorium auf das Konto ausländischer Firmen. Die Bevölkerung verarmt, ganze Ortschaften werden entvölkert, die soziale Ungleichheit nimmt alarmierend zu.

So schätzt Eurostat ein, dass das Bruttoinlandsprodukt Ende 2013 um drei Prozent niedriger sein wird als Ende 2008. Im gleichen Zeitraum sind die Einkommen um mehr als vier Prozent, der Verbrauch um 6,4 Prozent und die Investitionen um 21,6 Prozent (!) geschrumpft. Von 1990 bis 2013 ist die Bevölkerungszahl des Landes um fast 14 Prozent auf 20 Millionen gesunken. Um von Ursachen und Zusammenhängen dieser Entwicklung abzulenken, werden die Probleme individualisiert oder subjektiviert: Unwilligkeit, Unfähigkeit oder gar Böswilligkeit werden der jeweils anderen Seite zugeschrieben. Innenpolitisch ist diese andere Seite der jeweilige politische Gegner. Im Ausland sind es Russland, China und andere Staaten, die den »Wertvorstellungen« der EU und der USA nicht entsprechen. Nationalismus und Populismus blühen, Realitäten werden mit Losungen überschrieben, Aktionismus ersetzt Politik.

So erklärt sich auch die Behandlung des Verhältnisses zwischen Rumänien und der Republik Moldau. Die ehemalige Sowjetrepublik ist nach der Zerschlagung der Sowjetunion zu einem der ärmsten Staaten Europas geworden. Rumänien ist nicht bereit, einen Grenzvertrag mit dem Nachbarn zu unterzeichnen, stattdessen missbrauchen rechte rumänische Kreise die Frage »Moldova«, um die Bevölkerung auf nationalistischer Grundlage zu sammeln, Antikommunismus zu schüren und antirussische Ressentiments zu kultivieren.

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