Verpfuschte Lebensträume, tiefgründige Komödien

Ab Donnerstag: Französische Filmwoche 2013 in Berliner Kinos

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 3 Min.

In Deutschland gilt Kino als Unterhaltung, in Frankreich als Kunst. Das deutsche Kino weist außer Komikern kaum Stars auf, in Frankreich werden Schauspieler zu Rittern der Künste geschlagen. Zudem besteht das Publikum jenseits des Rheins nicht überwiegend aus Popcorn verzehrenden Teenies wie hierzulande, und womöglich sind französische Komödien deshalb auch tiefgründiger als die teutonischen Schweig(höf)er-Bully-Vehikel.

So handelt etwa die aktuelle gallische Erfolgskomödie »Maman und ich« von einem Jungen, den seine Mutter als Mädchen erzogen, der sich nie als Junge gefühlt hat und dann mit Anfang 30 sein Coming Out wagt - als Heterosexueller. Sohn und Mutter werden hochkomisch von dem selben Schauspieler, Guillaume Gallienne dargestellt, der bei dieser autobiografischen Geschichte auch Regie führt. Zu sehen ist der Film bei der 13. Französischen Filmwoche Berlin: Insgesamt 35 Filme aus dem frankophonen Raum, darunter Belgien und Quebec, werden ab dem 5.12. gezeigt, darunter zwölf Premieren in Anwesenheit der Künstler.

Eröffnet wird die Woche mit dem Pariser Herzensbrecher Romain Duris. »Beziehungsweise New York« von Regisseur Cédric Klapisch ist der bereits dritte Film über die Lebens- und Liebeswirren von Xavier, den man als Studenten in »Barcelona für ein Jahr« (2002) kennen gelernt hat. Nun verschlägt es den mittlerweile zweifachen Vater nach Big Apple: eine Scheinhochzeit, eine neue alte Geliebte, seine abenteuerlustige lesbische Freundin, die Patchworkfamilie und Xaviers altbewährte Unentschlossenheit sorgen dafür, dass sein Leben wieder Kopf steht.

Dass man auch als emanzipierte Frau in Marokko nur beschränkte Handlungsfreiheit hat, erzählt das Drama »Goodbye Morocco« von Nadir Moknèche. Dounia möchte sich mit ihrem serbischen Freund und ihrem Sohn aus zerbrochener Ehe nach Frankreich absetzen. Doch der Fund eines unterirdischen Schatzes, christlichen Gräbern aus dem 4. Jahrhundert, löst eine Reihe fataler Ereignisse aus. Sie führen in diesem eindringlich erzählten Film zu zwei Morden, verpfuschten Lebensträumen und der Rückkehr zur alten Ordnung.

Eine tiefe, unglückliche Liebe zwischen einem Franzosen und einer Iranerin in den Wirren der islamischen Revolution der späten 1970er Jahre schildert »Jasmine« von Alain Ughetto. Das Originelle daran: Neben sporadischen Echtaufnahmen von Demonstrationen wird die Geschichte als Knet-Animation mit beigen und blauen Figürchen erzählt, was der Wucht der Geschichte bei aller Fantasie jedoch keinen Abbruch tut.

Und schließlich steht eine besondere Frau im Fokus der diesjährigen Französischen Filmwoche. Die große Catherine Deneuve, kürzlich 70 geworden, wird mit einer Retrospektive geehrt. Wer sich hier die Möglichkeit entgehen lässt, die Deneuve in ihren legendären Rollen als singende Regenschirmverkäuferin, mordende Psychopathin, gutbürgerliche Gelegenheitshure oder tapfere Theaterleiterin im okkupierten Paris des Zweiten Weltkriegs zu erleben, ist selber schuld.

Vom 5.12. bis 11.12. im Cinema Paris, FaF, Arsenal u.a.; www.franzoesische-filmwoche.de

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