Kekse von den USA und starke Worte in Kiew
Opposition stellt Bedingungen für Runden Tisch in der Ukraine oder lehnt ab / Bombendrohungen gegen Airports
Die Demonstranten vereisten auf dem Unabhängigkeitsplatz am Mittwochnachmittag die nach dem Niederreißen in der Nacht wieder aufgerichteten Barrikaden. Am Vormittag hatte dort US-Vizeaußenamtschefin Victoria Nuland Kekse aus einer großen Tüte an beide Seiten verteilt. Dabei wurde sie begleitet vom US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Payat. Die EU-Außenbeauftragte Cathrin Ashton schlenderte Arm in Arm mit dem Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk von Julia Timoschenkos Vaterlandspartei über den Platz.
Nach einem Treffen mit dem Präsidenten Viktor Janukowitsch erklärte Victroia Nuland, dass die Sicherung einer europäischen Zukunft für die Ukraine noch möglich sei. Die Vereinigten Staaten würden »gerne sehen, dass sich Präsident Janukowitsch in diese Richtung bewegt«. Die Gespräche mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds sollten wieder aufgenommen werden.
Für eine politische Lösung im Dialog der Regierung mit der Opposition und der Zivilgesellschaft setzte sich EU-Verwaltungskommissar Maros Sefcovic in Straßburg ein. Eine Vermittlungsdelegation der EU auf höchster politischer Ebene wird in einer fraktionsübergreifenden Entschließung verlangt, über die das Europäische Parlament an diesem Donnerstag abstimmen will.
Seiner Meinung nach »minimale« Bedingungen der Opposition zur Teilnahme an einem Runden Tisch erhob Juri Luzenko, früherer Innenminister. So sollten, »bevor überhaupt jemand mit jemandem redet«, der Innenminister zurücktreten, die Sondereinheiten vom Maidan abgezogen und inhaftierte Demonstranten freigelassen werden. Namentlich die ukrainischen Altpräsidenten Viktor Juschtschenko, Leonid Kutschma und Leonid Krawtschuk forderte er auf, zu Verhandlungen auf den Unabhängigkeitsplatz zu kommen. Als »Scherz« heruntergespielt wurde seine Bemerkung, die Politiker könnten sich ja zuvor mit »Pampers«-Windeln versorgen.
Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko forderte laut dpa einmal mehr in starken Worten den sofortigen Rücktritt des Präsidenten: »Kompromisse mit Halsabschneidern und Diktatoren kann es nicht geben. Man muss sie loswerden. Und heute ist die Frage Nummer eins: eindeutig der Rücktritt Janukowitschs und seiner ganzen verfaulten Regierung«, wurde der Boxweltmeister zitiert.
Die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko sekundierte aus der Krankenhaushaft: »Keine Verhandlungen mit der Bande, keine Runden Tische mit ihr.« Sie forderte den Westen auf, Sanktionen zu verhängen. Wie aus der Zentrale ihrer Vaterlandspartei verlautete, ist der Stellvertretende Vorsitzende Grigori Nemyrja, Chef des Parlamentskomitees für Fragen der europäischen Integration, nach Straßburg zu Konsultationen mit der Spitze des EU-Parlamentes entsandt worden.
Politiker, die den Rücktritt der legitimen Führung des Landes forderten, würden die Ukraine spalten und »auf den Schultern des Maidan an die Macht kommen« wollen, erklärte der Bürgermeister des Bergarbeiterzentrums Donezk. Alexander Lukjatschenko warnte bei einem Runden Tisch der Fernsehnachrichten und der Agentur Unian, dass das Land in eine »Sackgasse« gerate. Es entstehe eine Situation, in der es keine Sieger geben könne.
Für Aufregung sorgten am frühen Abend Bombendrohungen gegen den internationalen Flughafen Borispol, 30 Kilometer östlich des Stadtzentrums, und den von dort nur acht Kilometer entfernten kleineren Airport Schuljani sowie zwei Bahnhöfe. Die Miliz informierte über die Evakuierung mehrerer Tausend Passagiere. Später konnte Entwarnung gegeben werden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.