Von wegen »Stille Nacht«

In Senegal feiern nicht nur Christen Weihnachten - und die Party dauert bis in die frühen Morgenstunden

  • Jörg John (WFD), Dakar
  • Lesedauer: 2 Min.
Senegal gilt vielen als vorbildlich in Sachen religiöser Toleranz. Das gilt auch für das Weihnachtsfest. Die Muslime feiern einfach mit.

Feiertage, egal welchen Ursprungs, lässt sich in Senegal niemand gern entgehen. So feiern Weihnachten auch die Muslime, die mit fast 95 Prozent in der senegalesischen Bevölkerung klar die Mehrheit stellen. Allerdings, ohne die christliche Minderheit zu drangsalieren. Im Gegenteil: Es herrscht religiöse Toleranz, und dass mit dem legendären Präsidenten Léopold Sédar Senghor (1960-1980) ein Christ die ersten zwei Jahrzehnte der Unabhängigkeit im Land regierte, störte niemanden. Senghor war als Dichter, Humanist, Christ und Brückenbauer zwischen Menschen und Kulturen über jede Voreingenommenheit erhaben.

Auch wenn Weihnachten nicht unter die islamischen Feiertage fällt, ist der 25. Dezember als offizieller Feiertag arbeitsfrei. Das weist auf eine große Errungenschaft der senegalesischen Gesellschaft hin: das friedliche Zusammenleben verschiedener Religionsgemeinschaften auf politischer und privater Ebene! Besonders in den südlichen und westlichen Landesteilen gibt es viele Familien, deren Mitglieder unterschiedlichen religiösen Bekenntnissen angehören. So steht das Weihnachtsfest ganz im Zeichen der Solidarität und der Toleranz.

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Der Heiligabend wird bei den Christen zunächst mit einem Festmahl begonnen. Das kann aus gegrilltem Hühnchen oder Schaf- oder Schweinefleisch bestehen, garniert mit Salat, Nudeln oder frittierten Kartoffeln. Nach dem Essen, so gegen 23 Uhr, geht’s in die Kirche zur Mitternachtsmesse - einem besonders feierlichen Gottesdienst, für den alle Gemeindeglieder aufgeboten werden, die singen und musizieren können.

Nach diesem besinnlichen Teil geht’s dann richtig los mit einer Party bis zum Morgengrauen. Entweder zu Hause mit Musik und Tanz, Freunden, Bekannten und Verwandten, egal welcher Herkunft oder Konfession. Oder man geht aus. Das betrifft freilich mehr die Jüngeren in den Städten, die Tanzfeste und Diskotheken stürmen. Nichts mit stiller Nacht!

Die noch jüngeren Senegalesen schlafen dann schon. Obwohl auch in Senegal Weihnachten ein Fest der Kinder ist. Die Eltern legen die Geschenke allerdings nicht unter einen Weihnachtsbaum, sondern in der Nacht vom 24. zum 25. vor das Bett der Kinder, die am Morgen mit einer Überraschung aufwachen.

Und noch einen großen Unterschied gibt es. Festliche Weihnachtsbeleuchtung gibt es allenfalls in den großen Städten. Und in der Hauptstadt Dakar hat der Bürgermeister in diesem Jahr beschlossen, nur einen zentralen Platz, den Unabhängigkeitsplatz, zu schmücken und mit dem eingesparten Geld arme Straßenhändler zu unterstützen.

Unser Autor ist Mitarbeiter des Weltfriedensdienstes bei ENDA/Pronat

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