Mit Wut im Bauch läuft man schneller
Martin Fourcade und Darja Domratschewa lernen, Oberhof zu lieben, während die deutschen Biathleten noch nach ihrer Olympiaform suchen
»Ich bin immer gut, wenn ich wütend bin. Heute hatte ich viel Wut im Bauch und gleich gewonnen«, verriet Martin Fourcade sein simples Siegrezept im Massenstartrennen von Oberhof. Dabei hatte der Franzose schon im Sprint und der Verfolgung auf dem Siegerpodest dieses Biathlonweltcups gestanden - nur eben nie ganz oben. Emil Hegle Svendsen und Ole Einar Björndalen hatten ihn zweimal besiegt. »Ich ärgerte mich nicht über die Norweger, sondern über mich selbst. Ich bin genauso gut wie sie«, sagte Fourcade am Sonntag.
Ein deutscher Athlet, der lange gemeinsam mit Fourcade geführt hatte, bewahrte sich die Wut erst für das Ende des Rennens auf - offenbar die falsche Taktik. Christoph Stephan warf die Mütze in den braunen Schnee und trat gegen das Absperrgitter. »Das ist echt schade. Ich habe mir vor der letzten Runde schon meine Siegtaktik überlegt. Leider habe ich vergessen, vorher noch mal gut zu schießen«, sagte der Oberhofer. Drei Schießeinlagen ohne Fehler folgte eine mit drei Fahrkarten. »Das war ein Anfängerfehler!«, ärgerte sich Stephan.
So fiel er noch auf Platz 16 zurück. Andreas Birnbacher sicherte sich als bester Deutscher mit Rang vier als sechster Athlet die Olympianorm. »Das mit den halben Normen ist ja immer ganz schön, aber endlich hat mal einer gezeigt, dass wir ganz vorn mithalten können«, analysierte Bundestrainer Uwe Müssiggang das Rennen Birnbachers.
Bei den Männern kann er in der Olympianominierungsrunde für Sotschi aus dem Vollen schöpfen, während wohl nur fünf Frauen den Sprung zu Olympia schaffen werden. Nach der Absage von Miriam Gössner hatte es sogar nur nach vier deutschen Biathletinnen in Russland ausgesehen, doch Ex-Langläuferin Evi Sachenbacher-Stehle schaffte die Norm mit zwei siebten Plätzen. »Für sie freut es mich besonders, weil nicht wenige ihren Wechsel zum Biathlon mit Häme kommentiert hatten. Aber Evi hat bewiesen, was mit extremer Zielstrebigkeit möglich ist.«
Einen Podestplatz erreichten die deutschen Frauen jedoch nicht, auch nicht Lokalmatadorin Andrea Henkel, der genau das sieben Jahre in Folge gelungen war. Am Sonntag sprang immerhin Platz vier heraus. »Mein letztes Rennen in Oberhof habe ich genossen, vor allem, weil ich mal wieder einen guten Wettkampf gemacht habe«, sagte Henkel. »Mit Platz vier bin ich zufrieden, es ist mein bestes Saisonresultat. Richtung Sotschi ist alles in Ordnung, aber zur Zeit läuft es läuferisch noch nicht richtig.«
Die Dominatorin von Oberhof war ausgerechnet eine, die an diesen Ort bislang nur schlechte Erinnerungen hatte: Darja Domratschewa aus Belarus hatte hier einst im falschen Anschlag geschossen, ein anderes Mal auf die falschen Scheiben. 2014 gewann sie nun zwei Rennen. »Ich dachte: Warum soll ich Oberhof nicht zu einem Ort der guten Emotionen machen? Nun ist Oberhof in doppelter Hinsicht speziell für mich.« Mit ihrem Premierensieg war sie nicht allein. Auch Martin Fourcade hatte keinen seiner zuvor 27 Weltcupsiege im Thüringer Wald feiern können. Das hatte ihn nur zusätzlich gewurmt. »Das kann ich jetzt auch abhaken.«
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