US-Journalist muss China verlassen

Korrespondent der »New York Times« hatte über Politikerreichtümer publiziert

  • Lesedauer: 2 Min.
Nach der Verweigerung eines neuen Visums durch die chinesischen Behörden ist ein Reporter der »New York Times« am Donnerstag aus Peking ausgereist.

Peking. China verweist erneut einen ausländischen Journalisten des Landes. Trotz Intervention der USA-Regierung musste der Korrespondent der »New York Times«, Austin Ramzy, am Donnerstag ausreisen, weil sein Visum nicht verlängert wurde. Diplomaten sahen darin eine Vergeltungsaktion für die Enthüllungen der Zeitung über die Reichtümer der Familie des früheren Ministerpräsidenten Wen Jiabao.

»Es ist traurig, Peking zu verlassen«, meinte Ramzy. »Ich hoffe, ich kann bald wieder zurückkehren.« Er ist der zweite Journalist der »New York Times« in 13 Monaten, der China verlassen musste. Nach ihren ersten Berichten 2012 über das Vermögen der Verwandten des damaligen Premiers hatte vor einem Jahr schon Chris Buckley ausreisen müssen, weil ihm eine weitere Aufenthaltserlaubnis verweigert worden war. Er berichtet heute von Hongkong aus über China.

Der Auslandskorrespondentenclub in China äußerte sein »tiefes Bedauern«. »Unter diesen Umständen lässt sich die Schlussfolgerung nicht vermeiden, dass die Behörden die ›New York Times‹ für ihre Artikel über Premier Wen Jiabao und dessen Familie bestrafen wollen«, hieß es in einer Erklärung. »Ein solches Verhalten ist weit von internationalen Standards entfernt.«

Die USA-Regierung hatte sich bis zuletzt auf hoher Ebene vergeblich für Ramzy eingesetzt. Bei seinem Besuch im Dezember in Peking hatte Vizepräsident Joe Biden dessen Fall zusammen mit den inzwischen gelösten Visaproblemen von mehr als zwei Dutzend anderen Korrespondenten der »New York Times« und der Nachrichtenagentur Bloomberg angesprochen. Die Agentur hatte über das Vermögen der Familie von Staatspräsident Xi Jinping berichtet.

Ramzy berichtet seit zehn Jahren über China - erst aus Hongkong und zuletzt seit sechs Jahren aus Peking. Seine Probleme begannen, als er im April vom »Time Magazine« zur »New York Times« wechselte. Erst im Juni hätten die Behörden seinen Antrag auf Umschreibung seiner Akkreditierung überhaupt angenommen, aber nichts unternommen, erfuhr dpa. Am Jahresende wurde ihm eine neue Pressekarte verweigert, so dass Ramzy sein auslaufendes Visum nicht verlängern konnte.

»Es wurde kein Grund genannt«, hieß es von US-Seite. »Aber es wurden Hinweise gegeben, dass die Verweigerung der Akkreditierung mit der ›New York Times‹ zusammenhing.« Die Behörden gewährten Ramzy am Jahresende »aus humanitären Gründen« eine Visaverlängerung um einen Monat, »um seine Sachen zu packen«. dpa/nd

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