US-Außenminister erstmals seit NSA-Affäre in Berlin

Linkenpolitiker Liebich: Massenüberwachung muss eingestellt werden / Koalition vor allem um transatlantisches Verhältnis besorgt

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Erstmals seit Beginn der NSA-Affäre kommt US-Außenminister John Kerry am Freitag nach Deutschland. In Berlin steht ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Programm, deren Handy über Jahre hinweg im Visier des amerikanischen Geheimdienstes NSA war.

Unmittelbar vor der Visite nannte der Obmann der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Stefan Liebich, Kerrys Besuch in der »Berliner Zeitung« überfällig. »Aber wenn es mehr als eine Geste sein soll, dann muss die Massenüberwachung der Kommunikation eingestellt werden.«

CDU-Generalsekretär Peter Tauber geht davon aus, dass Merkel erneut klarstellen wird, dass das Ausspähen eines Bündnispartners inakzeptabel ist. »Die Bundeskanzlerin hat hier deutliche Worte gefunden und klargestellt, dass immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss. Unter Verbündeten darf es eine derartige Praxis nicht geben«, sagte Tauber der »Passauer Neuen Presse«.

Dagegen warnte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), davor, das Verhältnis zu den USA nachhaltig zu beschädigen. Die Spionage des US-Geheimdienstes in Deutschland sei ein »ernsthaftes Problem«, das nicht beschönigt werden solle. Es helfe jedoch weder den Amerikanern noch der Bundesrepublik, die Lage zu dramatisieren, sagte Röttgen der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Er halte es auch nicht für richtig, das geplante Freihandelsabkommen infrage zu stellen.

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich. Der »Berliner Zeitung« sagte er, die USA blieben ein unentbehrlicher Partner der internationalen Sicherheitspolitik. Zugleich fügte er jedoch hinzu: »Die USA müssen für Transparenz und neues Vertrauen sorgen.«

Der langjährige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Horst Teltschik, äußerte derweil Zweifel, dass es zu dem von Deutschland erhofften »No-Spy«-Abkommen kommen werde. Gleichwohl gehe es darum, »die Beziehungen zu den USA nicht weiter zu gefährden«, sagte er der »Mitteldeutschen Zeitung«. Er äußerte die Hoffnung, dass die Konferenz in München wieder zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen beitragen werde.

Alle Bemühungen der Bundesregierung, sich mit den USA auf neue Vereinbarungen über die wechselseitigen Spionage-Aktivitäten zu einigen, hatten bislang keinen Erfolg. Im Vorfeld des Kerry-Besuchs dämpfte die deutsche Seite Erwartungen auf einen Durchbruch. Gleich nach der Ankunft trifft sich der US-Außenminister am Flughafen Berlin-Tegel mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Am Wochenende nimmt der US-Außenminister in München an der 50. Auflage der Sicherheitskonferenz teil. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.