Scharfe Kritik nach Schweizer Votum

Linkenchef Riexinger für Kapitalverkehrskontrollen / SPD-Vize Stegner: »Die spinnen, die Schweizer« / AfD will nun auch Volksabstimmung über Zuwanderung

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Berlin. Nach dem Schweizer Votum gegen Zuwanderung herrscht vielerorts bei den Eidgenossen Sorge und Ungewissheit. Scharfe Kritik am Ausgang der Volksabstimmung kommt aus dem Ausland.

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, verlangte Konsequenzen aus dem Schweizer Votum und forderte die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen. »Wenn die Schweiz ihre Grenze für Menschen schließt, dann ist es nur gerecht, wenn auch das Geld draußenbleibt«, sagte Riexinger dem »Handelsblatt«. Die Schweiz könne sich nicht »ernsthaft auf den Standpunkt stellen, dass sie sich gegen Zuwanderer abschotten kann, und gleichzeitig das Steuerfluchtgeld aus ganz Europa mit offenen Armen empfängt«, so der Linkenpolitiker.

Der SPD-Vize Ralf Stegner hatte ebenfalls empört auf das Schweizer Votum reagiert. »Die spinnen, die Schweizer!«, erklärte der Sozialdemokrat auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. »Geistige Abschottung kann leicht zur Verblödung führen.« Der sozialdemokratische Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, ermahnte die Schweizer, sie könnten nicht nur die Vorteile des großen europäischen Binnenmarktes für sich in Anspruch nehmen. Die Deutschen stellen mit rund 300.000 einen großen Teil der ausländischen Bevölkerung in der Schweiz.

Die Europäische Union kritisierte, eine Einschränkung der Zuwanderung für Ausländer verletze das Prinzip des freien Personenverkehrs zwischen der Europäischen Union und dem Alpenland. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok. »Wir können das nicht widerspruchslos hinnehmen«, sagte der CDU-Politiker dem »Kölner Stadt-Anzeiger«.

Bei anti-europäischen Parteien in der EU sorgte die Entscheidung hingegen für Begeisterung. »Das sind wunderbare Nachrichten für die Anhänger von staatlicher Souveränität und Freiheit in ganz Europa«, sagte der Vorsitzende der anti-europäischen United Kingdom Independence Party (UKIP), Nigel Farage. Der Vize-Vorsitzende der französischen Partei Front National, Florian Philippot, lobte: »Gut gemacht,Schweiz! Eine echte Demokratie!«

Das Volk in der Schweiz solle »ernst genommen werden«, sagte der Vorsitzende der eurokritischen Alternative für Deutschland, Bernd Lucke. Er warnte vor Kritik an der national-konservativen Schweizer Volkspartei, welche die Volksabstimmung durchgesetzt hatte. Diese habe so gezeigt, »wo dem Volk der Schuh drückt und welche Probleme von der Regierung sträflich vernachlässigt wurden«. Lucke forderte zudem, »auch in Deutschland ein Zuwanderungsrecht zu schaffen, das auf Qualifikation und Integrationsfähigkeit der Zuwanderer abstellt und eine Einwanderung in unsere Sozialsysteme wirksam unterbindet«. Der AfD-Politiker will dafür »gegebenenfalls Volksabstimmungen« ermöglichen.

Die Schweizer hatten sich am Sonntag in einer Volksabstimmung überraschend dafür ausgesprochen, die Zuwanderung aus der EU zu begrenzen. Mit 50,3 Prozent fiel die Zustimmung für die Initiative der national-konservativen Schweizer Volkspartei (SVP) »Gegen Masseneinwanderung« denkbar knapp aus. Aus Enttäuschung über die Niederlage gingen in den Großstädten Zürich, Bern und Luzern am Abend Hunderte Menschen auf die Straßen, um weiterhin für eine offene Schweiz zu werben.

Die Regierung in Bern muss nun binnen drei Jahren das Anliegen umsetzen. »Die Schweiz wird also in Zukunft die Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern durch Höchstzahlen und Kontingente begrenzen«, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter kündigte am Abend an, es gehe nun darum, eine auch aus Sicht der EU akzeptierbare Form zu finden.

Der Erfolg der Initiative gegen »Masseneinwanderung« löste in der Schweizer Wirtschaft große Sorgen aus. »Wir werden jetzt in eine Phase der Unsicherheit einbiegen«, sagte der Präsident des Schweizer Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt, im Schweizer Fernsehen. Unsicherheit sei für die Wirtschaft schlimmer als schlechte Nachrichten. Die stark exportorientierte Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie fürchtet nach Angaben vom Sonntagabend beträchtliche Nachteile im Handel mit der EU. Die Politik müsse alles daran setzen, das die Verträge mit der EU intakt blieben. dpa/nd

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