Wasser bis zum Hals
Viele Kommunen können ihre Hallenbäder kaum noch finanzieren - ein Bericht vom Rhein
Für den Familienausflug am Wochenende und den Sport nach der Arbeit, für den Schwimmunterricht oder den Seniorensport: Hallenbäder sind bei vielen Menschen sehr beliebt. Zahlreichen kommunal betriebenen Hallenbädern steht das Wasser aber bis zum Hals. Sie bringen die Gemeinden in ernste Finanznot, die jedes Jahr hohe Beträge für den Betrieb der Bäder zuschießen. Es gibt aber auch ein Bad, das schwarze Zahlen schreibt. Das ergab eine dpa-Umfrage.
In Rheinland-Pfalz existieren laut Innenministerium 100 kommunale Hallenbäder und 175 kommunale Freibäder. Kaum eines dieser Bäder arbeite kostendeckend, berichtet Referatsleiter Harry Herrmann aus dem Ministerium in Mainz. »Der Betrieb der kommunalen Bäder kostet den Steuerzahler jedes Jahr 52 Millionen Euro.« Für Investitionen wie die Sanierung oder Erweiterung eines Bades hatte das Land ein Bäderprogramm aufgelegt.
Mit dem jetzt ausgelaufenen Programm wurden in den vergangenen fünf Jahren 40 Bäder in Rheinland-Pfalz mit 66 Millionen Euro gefördert. »Wir haben eine ausreichende Bäderinfrastruktur«, sagt Herrmann, das Angebot müsse erhalten werden. Dabei müssten die Bäder zunehmend mit anderen Freizeiteinrichtungen konkurrieren. »Jedes Bad muss deshalb nach Alleinstellungsmerkmalen suchen, um Besucher anzulocken.«
Als Vorzeigemodell kommunaler Bäder nennt Herrmann die »Rheinwelle« in Gau-Algesheim. »Wir schreiben schwarze Zahlen und sind damit wohl das einzig kommunale Bad in Deutschland, das dieses Ziel erreicht«, berichtet Geschäftsführer Dirk Osterhoff. Mit 480 000 Besuchern im Jahr kämen mittlerweile fast doppelt so viele wie beim Bau vor acht Jahren geplant. Den Grund dafür sieht Osterhoff zum einen in der Lage des Bades nahe der Autobahn. »Der Standort hier ist ein Glücksgriff.« Geld verdiene man mit der »Rheinwelle« auch, weil Gastronomie und Werbevermarktung in eigener Hand seien, also nicht verpachtet. »Ich bin überzeugt, dass das Defizit bei vielen kommunalen Bädern zumindest deutlich geringer sein könnte«, sagt Osterhoff. »Das scheitert nur daran, dass viele Bäder politisch regiert sind.«
Angesichts leerer Kassen wissen immer mehr Kommunen nicht, wie sie ihre Bäder finanzieren sollen. »Viele Bäder haben Renovierungsbedarf, das ist eine sehr schwierige Situation«, sagt Referent Gerd Thielmann vom Städte- und Gemeindebund Rheinland-Pfalz in Mainz. Trotzdem täten sich Kommunalpolitiker sehr schwer damit, ein Bad zu schließen. Denn heftiger Bürgerprotest sei oft die Folge. »Man kann den Leuten nur schwer etwas wegnehmen, das sie lieb gewonnen haben«, erklärt Thielmann.
In Grünstadt (Kreis Bad Dürkheim) haben die Bürger kürzlich in einem Entscheid dafür gestimmt, das seit Herbst 2012 geschlossene Hallenbad zu sanieren. »Unser Ziel ist, zur Saison 2016 wieder zu eröffnen«, sagt der Büroleiter der Stadt, Joachim Meyer. Er rechnet aber damit, dass die Gemeinde jährlich bis zu 700 000 Euro für den Betrieb zuschießen muss. Um das Defizit möglichst gering zu halten, würden besonders für Dauerkarteninhaber die Preise etwas steigen. »Wir wollen auch eine bessere Gastronomie anbieten. Dann bleiben die Leute länger - und bringen mehr Geld.« Bei der Sanierung wird das Schwimmerbecken von 50 auf 25 Meter verkürzt. Dafür entsteht ein Nichtschwimmerbereich, der neue Zielgruppen ansprechen soll.
Von enormen Finanzierungsproblemen berichtet auch der Leiter der Verbandsgemeindewerke in Kirchheimbolanden (Donnersbergkreis), Ulrich Kurz. »Für den Betrieb des Hallenbades müssen wir jährlich rund zwei Millionen Euro zuschießen.« Da das Bad aber erst vor fünf Jahren mit Geld des Landes renoviert worden sei, stehe eine Schließung derzeit nicht zur Debatte. »Da hängen schließlich auch Arbeitsplätze und die Lebensqualität der umliegenden Gemeinden dran«, erklärt Kurz.
In Koblenz müssen sich Vereine und Öffentlichkeit derzeit das kleine Beatusbad teilen. Die Schwimmhalle des Stadtbades bleibe geschlossen, berichtet Bäderbetriebsleiter Lothar Zehe. Glücklich über diese Situation ist er nicht. Über den Bau eines neuen Hallenbades werde zwar diskutiert, noch sei aber keine Entscheidung gefallen. »Hallenbäder sind eine freiwillige Leistung der Kommunen, aber es geht dabei um das Thema Volksgesundheit«, erklärt Bäderchef Zehe. Da seien Hallenbäder sehr sinnvoll. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.