Verrücktes Finale im Langlaufsprint
Zwei Goldmedaillen für Norwegen: Maiken Caspersen Falla und Ola Vigen Hattestad
René Sommerfeldt hetzte zurück zur Wachskabine, drei Paar Ski in der Hand. Seit einem Jahr ist der ehemalige Weltcupsieger Cheftechniker der deutschen Skilangläufer, und bisher hatte Bundestrainer Frank Ullrich nur Positives über den Oberwiesenthaler zu berichten. Danach gefragt, wie gut er die Ski dieses Mal für die Qualifikation der Sprinter präpariert hatte, sagte Sommerfeldt aber selbstkritisch: »Wir haben nur drei durchbekommen.« Drei von acht. Mehr musste er nicht sagen.
Die Probleme, die nasser Schnee bei warmen Temperaturen bereitet, konnte auch Sommerfeldt nicht lösen. Bei den olympischen Sprintentscheidungen von Sotschi spielten die Sportler des Deutschen Skiverbands (DSV) keine Rolle, dabei hatten sie genau hier ihre größten Chancen auf eine Medaille vermutet.
Stattdessen dominierten erneut die Norweger. Die Siege gingen an Ola Vigen Hattestad bei den Männern sowie an seine Landsfrau Maiken Caspersen Falla. Die Norwegerinnen schafften sogar einen Doppelsieg, obwohl Topfavoritin Marit Björgen schon im Halbfinale gestürzt und ausgeschieden war. Falla und Hattestad hatten jeweils schon die Qualifikation gewonnen und danach alle drei Läufe von vorn dominiert.
Trotzdem war vor allem das Finale der Männer an Dramatik kaum zu überbieten. Als der Schwede Teodor Peterson schon den ersten Berg hochsprintete, fiel Landsmann Emil Joensson mit Kreislaufschwierigkeiten schnell zurück. Hinter Peterson und Hattestad stürzten dann jedoch die drei verbliebenen Kontrahenten in der sulzigen Abfahrt, so dass Joensson schließlich doch noch auf dem Bronzerang landete. Direkt hinter der Ziellinie fiel er erschöpft in den Schnee und musste Minuten später von einem Betreuer aufgehoben werden. Es war die bisher kurioseste und zugleich am härtesten erkämpfte Bronzemedaille dieser Spiele.
Josef Wenzl war da schon längst abgetaucht. Nachdem er als 31. um die Winzigkeit von zwölf Hundertstel Sekunden das Viertelfinale verpasst hatte, lief er an allen vorbei, die ihm eine Frage stellen wollten. Wenzls Antworten wären wohl ohnehin nicht druckbar gewesen. Als Sprintweltcupführender anzureisen und dann schon in der Qualifikation zu scheitern, ist mehr als bitter. Er schnallte die Ski wieder an, und ging zurück auf die Strecke, um die Enttäuschung aus Kopf und Beinen zu laufen.
Neben den Materialproblemen zeigten die Sprintrennen, dass der DSV seine Qualifikationsnormen für Olympische Spiele überdenken sollte. Lucia Anger etwa verpasste ebenfalls das Viertelfinale. Ihr hatte ein sechster Platz im Sprint von Oberhof gereicht, um nach Sotschi reisen zu dürfen. Sie kam ansonsten nie unter die besten 20. Nun fuhr sie nach Sotschi, um in nur einem Rennen über 1,3 Kilometer fünf Hundertstel zu langsam zu laufen. Vorbei.
Auch andere wie Claudia Nystad oder Sebastian Eisenlauer hatten sehr viele Möglichkeiten, sich zu qualifizieren, nutzten aber meist nur die, bei denen ein großer Teil der Weltelite gar nicht am Start war. Nur deshalb führte Wenzl auch den Sprintweltcup an. Dass die deutschen Athleten nun bei den Olympischen Spielen in ihrer gesamten Breite hinterherlaufen, ist daher kaum verwunderlich.
Denise Herrmann kam als Achte immerhin noch ins Halbfinale, doch auch das konnte sie nicht erfreuen. »Ich war in diesem Jahr schon ein paar Mal auf dem Podium und wollte es heute wieder zeigen. Aber das sollte einfach nicht sein«, sagte die Oberwiesenthalerin. Auch sie hatte vom Start weg Probleme und versuchte im Zielsprint noch an ihren Kontrahentinnen vorbeizuziehen. »Aber da ist es zu eng geworden. Ich musste einen weiten Weg außen herum laufen und die Spur war im Vergleich zu den mittleren von Nachteil, weil sie sehr glatt war. Die Läuferinnen vor mir hätte ich im Zielsprint eigentlich schlagen müssen«, haderte Herrmann vor allem mit ihrer Taktik.
»Schade! Denise wollte die Medaille«, sagte Bundestrainer Ullrich. »Sie hatte ein unglaubliches Viertelfinale gegen Björgen abgeliefert und dann fehlen ihr im Halbfinale 27 Hundertstel. Ich muss ihr trotzdem ein Kompliment machen.« Den Technikern um René Sommerfeldt machte er am Dienstag keines mehr.
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