Carina Vogt schreibt Geschichte
22-jährige Deutsche gewinnt olympische Premiere der Skispringerinnen
Carina Vogt hat geschafft, was keine mehr nach ihr erreichen kann. Die 22-Jährige aus Degenfeld ist die erste Olympiasiegerin im Skispringen. Am Dienstagabend gewann sie die lang erwartete Premiere des Frauenwettbewerbs auf der Skisprunganlage des RusSki Gorki Centers von Sotschi.
Viele Jahre lang hatten die Frauen darum kämpfen müssen, bei olympischen Spielen genauso wie ihre männlichen Kollegen um olympische Medaillen springen zu dürfen. 2010 kurz vor den Spielen in Vancouver hatten sie sogar vergeblich versucht, ihren Wettbewerb vor einem kanadischen Gericht einzuklagen. Vor allem die US-Amerikanerinnen Lindsey Van und Jessica Jerome sowie die Klingenthalerin Ulrike Gräßler hatten damals das IOC verklagt, aber verloren. Die schlechte Presse, die das Internationale Olympische Komitee im Anschluss erhielt, zeigte dann aber doch Wirkung, und so wurde das Skispringen der Frauen in das olympische Programm von Sotschi aufgenommen.
Vom Kampf der Alten profitierte nun mit Vogt eine Junge. Ausgerechnet Gräßler hatte im Herbst eine Blinddarm-Operation über sich ergehen lassen müssen und bekam zusätzlich in der Olympiawoche eine Erkältung. »Das ist schon bitter, aber vielleicht kommt irgendwann der Stolz zurück, dass ich einen großen Anteil daran hatte, dass wir überhaupt hier einen olympischen Wettkampf hatten«, sagte Gräßler. Auch Van und Jerome ließen sich zwar das Erlebnis Olympia nicht noch einmal entgehen, doch in den Kampf um die Medaillen konnte von den »Pionierinnen« lediglich Daniela Iraschko-Stolz aus Österreich eingreifen. An Vogt kam jedoch auch sie nicht mehr heran.
Die Deutsche legte bei günstigen Windbedingungen den Grundstein für ihren etwas überraschenden Sieg, als sie mit 103 Metern die klare Bestweite markierte. Im weichen Schnee von Esto-Sadok konnte sie bei sechs Grad plus jedoch keinen Telemark mehr landen, und der Vorsprung auf die Konkurrenz blieb aufgrund der dafür fälligen schlechteren Haltungsnoten somit gering.
Die Japanerin Sara Takanashi, die fast alle Springen der Saison dominiert hatte, sprang drei Meter kürzer, landete auch schlecht und sah sich plötzlich nur als Dritte auf dem Zwischenklassement. Ihr Angriff auf Vogt im zweiten Durchgang verpuffte und die haushohe Favoritin wurde am Ende Vierte – zur Freude der Französin Coline Mattel, die hinter Iraschko-Stolz Bronze gewann.
Eine Stunde vor Mitternacht war die Stimmung im RusSki Gorki Center am Kochen, als im zweiten Durchgang die Entscheidung fiel. Wer befürchtete, dass der Wettbewerb zum Ladenhüter werden würde, wurde eines Besseren belehrt – nicht zuletzt weil die Russin Irina Awwakumowa mit einem Weltcupsieg Anfang Januar Hoffnungen der heimischen Fans auf eine Medaille geweckt hatte. Doch die Lokalmatadorin kam mit der Schanze nicht zurecht und landete auf Platz 16.
Den Platz in den Geschichtsbüchern sicherte sich Carina Vogt, obwohl sie im zweiten Durchgang sieben Meter kürzer als die Österreicherin sprang. Der Vorsprung aus Durchgang eins und bessere Haltungsnoten für eine dieses Mal bessere Landung ließen Vogt, die zuvor noch nie ein Weltcupspringen gewinnen konnte, mit Tränen in den Augen in den Schnee sinken.
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