»Vier meiner besten Freunde sind vor mir«

Ausgerechnet die Slopestyler wie James Woods aus Großbritannien interpretieren den olympischen Gedanken neu

  • Lesedauer: 4 Min.
Der 22-jährige Brite James Woods wurde am Donnerstag Fünfter bei der Slopestyle-Premiere der Ski-Freestyler. Obwohl er als Medaillenaspirant gestartet war, erzählte er Oliver Händler später, er sei glücklich, überhaupt dabei gewesen zu sein. Besonders beeindruckend wird seine Leistung, wenn man weiß, dass Woods beim Training zu Hause nicht mal Schnee unter den Skiern hat.

nd: Sie sind gerade Fünfter geworden - nach Rang drei in der Qualifikation. Sind Sie zufrieden oder ein bisschen enttäuscht, dass es nicht zur Medaille gereicht hat?
Woods: Ich bin so glücklich und stolz, bei diesem unglaublichen Finale dabei gewesen zu sein. Das hier war eine tolle Show, und Slopestyle ist noch nicht mal da, wo es hinkommen kann. Ich könnte kaum glücklicher sein als ich es für die Jungs da auf dem Podium bin. Hey, ich bin Fünfter bei den Olympischen Spielen, und vier meiner besten Freunde sind vor mir! Joss Christensen ist der netteste Kerl der Welt und hat Gold verdient.

Könnten Sie noch mal Ihren Lauf durchgehen?
Als erstes kam ein Down Flat Feature, dann ein Lipslide in einen Frontside 450. Von der oberen Rail sprang ich einen Backside 450. Dann ein Switch über den Table in einen Switch Lipside 270, dann Pretzel 270, Switsch in den kleinen Kicker, Switch 180 hoch, Backside 630 Tail Grab wieder runter. Dann auf dem ersten großen Kicker: Leftside Double Cork 1080 Method zum Japan Grab. Am zweiten Double Cork 1260 Blunt Grab zum Truck Driver Grab. Switch zum letzten Kicker, und dort noch einen Double Cork 1080 Octograb. (Anmerkung des Redakteurs: die deutschen Sportler nutzen dieselben Bezeichnungen.)

Puh, eine ganze Menge fremde Worte. Warum ist denn kein »Triple Cork« dabei?
Den hab ich schon einige Male gemacht, aber ich habe mich dagegen entschieden, auch wenn ich ahne, dass ich die Entscheidung wohl mein ganzes Leben mit mir rumtragen werde. Aber ich habe geahnt, wenn ich zu viel Energie in diese Rampe lege, würde mein Bein wahrscheinlich abfallen. Also entschied ich mich dafür, einen sauberen Lauf hinzulegen, ordentlich zu landen und am Ende den Zuschauern zuzuwinken.

Sie haben sich zuletzt schon häufiger verletzt. Wie ging es Ihnen beim Lauf?
Manche Knochen tun ein bisschen mehr weh als andere. Ich hatte das im Hinterkopf, habe aber versucht, es zu vergessen. Ich dachte daran, warum ich überhaupt hier bin und welch langen Weg wir alle gegangen sind. Es steckt schon viel Zeit und viel Schmerz in jeder einzelnen Bewegung, aber die Ärzte und Physiotherapeuten haben mich ganz gut hinbekommen.

Wie wichtig war diese Woche für Slopestyle? Viele Leute haben erstmals Notiz von Ihnen genommen!
Die Woche war schon recht wichtig, aber ich glaube irgendwie mehr für alle anderen als für uns Sportler. Ich hoffe, dass die Leute hier und an den Fernsehern Spaß dran hatten und vielleicht selbst mal reinschnuppern. Wir sind nur hier, weil wir diesen Sport lieben, und den Leuten Spaß bereiten wollen.

Wie schätzen Sie das Niveau des Wettbewerbs ein?
Das war absolut gigantisch. Es ist ein Riesenkurs, mit sehr technischen Rails, und jeder Starter hat unglaubliche Fähigkeiten gezeigt. Ich glaube, das hatte auch etwas mit dem Ereignis Olympia zu tun. Niemand von uns hat das je zuvor erlebt, jeder wollte gut sein. Dabei ist eigentlich nichts anders als sonst. Es ist nur der Name. Wir haben alle schon mal Kameras und Publikum gesehen. Wir machen das die ganze Zeit, aber das Ding hier hat eben noch fünf Ringe dran.

Hatten Sie denn schon mal so viele Punkte wie der heutige Sieger?
Ja, ich hatte sogar mal 96, aber Punkte sind bei uns nicht so wichtig. Die Juroren wollen immer Platz lassen, damit sich noch jemand irgendwo dazwischenschieben oder ganz an die Spitze setzen kann. Versuchen Sie nicht so viel auf Punkte zu achten, sondern eher auf die Reihenfolge. Nein, noch besser: Genießen Sie einfach nur das Skifahren!

Wie empfanden Sie die Atmosphäre hier in Sotschi?
Das olympische Motto ist doch: Dabei sein ist alles. Auf mich trifft das hier absolut zu, und ich genieße das alles. Wir leben zusammen auf einem Fleck und können so viel essen, wie wir wollen.

Ist die Kameradschaft in Ihrer Sportart anders als in anderen?
Keine Ahnung, ich mache ja nur das hier professionell. Ich kann nur sagen, dass wir hier alle gute Freunde sind.

Sie trainierten lange nur auf Matten-Slopes in Großbritannien. Ist das kein Nachteil?
Ich komme aus Sheffield in der Mitte Englands. Da stehen nicht so viele Berge. Ohne diese Anlage hätte ich nie zum Skifahren gefunden. Die besten Sessions meines Lebens bin ich ganz sicher in Sheffield gefahren.

Gibt es denn auch dort solche Kicker und Rails wie hier in Sotschi?
Vielleicht nicht ganz so große, aber doch ganz ähnlich.

Warum sind die Nordamerikaner so gut?
Die haben gute Leute und ein paar der besten Freestyle- und Snowboard-Parks. Aber hier hätte heute jeder gewinnen können.

Würden Sie dort gern leben?
Ich lebe überall, fahre dahin, wo gerade die besten Bedingungen sind und die besten Leute abhängen. Ich liebe diesen Lebensstil, und meine Freundin zieht mit. Ist doch ziemlich cool, mehr kann ich nicht verlangen! Wo immer man den besten Park baut, dort werden Sie mich finden.

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