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Moskau fürchtet Staatsstreich

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Das russische Außenministerium hat der Opposition in der Ukraine am Mittwoch einen versuchten Umsturz vorgeworfen.

Auslöser der jüngsten Unruhen in Kiew war die Entscheidung des ukrainischen Kabinetts, den Assoziierungsprozess mit der Europäischen Union auszusetzen und stattdessen die Kooperation mit Russland auszubauen. Damit sind die Entwicklungen in der Ukraine ein neuer Härtetest für das ohnehin getrübte Verhältnis zwischen Russland und dem Westen. Beide lasten dem jeweils anderen an, dass der Konflikt zwischen prowestlichem und pro-russischem Lager nach kurzer Pause erneut dramatisch eskaliert ist.

Alexander Lukaschewitsch, Sprecher des Außenamtes in Moskau, zählte vor allem die USA wegen »unverfrorener Einmischung in die Angelegenheiten der Ukraine« an. Washington versuche, Kiew den westlichen Entwicklungsweg als einzig richtigen aufzuzwingen und den Behörden eines souveränen Landes vorzuschreiben, was sie zu tun hätten. Wozu das führe, sei aus »jüngsten historischen Beispielen« bekannt. Die EU wolle mit der Assoziierung der Ukraine zeigen, dass sie ihre Krise überwunden hat, erkenne aber nicht an, dass Russland dasselbe Recht auf Wahrung seiner Interessen habe, rügte auch der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Alexei Puschkow.

Moskau fürchtet, die Ukraine könnte ihre Neutralität aufgeben und Pläne für eine NATO-Mitgliedschaft aus der Versenkung holen, wenn in Kiew erneut eine prowestliche Regierung die Macht übernimmt. Kriegsschiffe des westlichen Militärbündnisses könnten dann auf der Krim und damit an Russlands hochsensibler Südwestflanke stationiert werden. Dazu kommt, dass mit der Ukraine - nach Russland die bevölkerungsreichste Ex-Sowjetrepublik mit der stärksten Volkswirtschaft - die Pläne des Kremls für die wirtschaftliche Re-Integration der UdSSR-Nachfolger stehen und fallen. Bliebe es nur beim Beitritt »armer Verwandter« wie Armenien oder Kirgisistan zu Strukturen wie Zoll- oder Eurasischer Union, hätte das auf Unentschlossene eher abschreckende Wirkung.

Dass der »Freiheitskampf« in der Ukraine auf Russland übergreift, ist dort angesichts der Schwäche von Opposition und Zivilgesellschaft nicht zu erwarten. Politiker und Experten in Moskau treibt eher Angst vor einem Bürgerkrieg um, in dessen Ergebnis sich die Ukraine spaltet. Das Land, so Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der einflussreichen außenpolitischen Zeitschrift »Russland in der globalen Politik«, mache derzeit die tiefste politische Krise seit der Unabhängigkeit nach dem Ende der Sowjetunion 1991 durch.

Gefährlich sei vor allem die Pattsituation, die seit Wochen andauert. Regierungsmacht wie Opposition wüssten nicht, was sie tun sollen, und hätten ohnehin nicht die Kraft, ihre Beschlüsse durchzudrücken. Präsident Viktor Janukowitsch werde sich allein schon deshalb nicht auf vorgezogene Neuwahlen von Parlament und Präsident einlassen, weil er damit seinen Gegnern einen Stellenwert einräumen würde, den sie real nicht besitzen. Die Opposition sei fragmentiert, Dutzende würden die Führung beanspruchen und auf den Lagerfeuern des Maidan ihr eigenes Süppchen kochen.

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