Nicht Sieg - Ausgleich
Klaus Joachim Herrmann über den Kiewer Kompromiss
Der Kompromiss war noch nicht verabschiedet, da wurde er schon kompromisslos zum Triumph gemacht. Der örtliche Sowjet der westukrainischen Provinzstadt Drohobytsch verbot nicht nur »Tätigkeit und Symbolik« der Partei der Regionen und der Kommunisten, sondern auch Porträts des Präsidenten Janukowitsch in Dienstzimmern. Eine gefährliche Missdeutung.
Einen Sieg hatten auch radikale Regierungsgegner auf dem Maidan feiern wollen. Vorgezogene Präsidentenwahlen, eine Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie sowie eine Übergangsregierung reichten ihnen lange nicht. Der Präsident müsse sofort weg und vor Gericht. Doch auch sie mussten sich bescheiden.
Zum Kompromiss führt gemeinhin ein Kampf, der für keine Seite zu gewinnen ist. Zuerst will jede Seite alles. Ist sie dazu nicht fähig und der Preis mit Todesopfern viel zu hoch, ist verhandeln besser als schießen. Die Einsicht, dass niemand siegen kann, könnte nun ein erstes Hoffnungszeichen in der Krise werden.
Die Vereinbarung müssen Provinzsowjets nun aber ebenso ernst nehmen wie Präsident, Koalition und eine Opposition bis zu Radikalen. Das gilt für nicht nur geografisch geteilte Bevölkerungs- und Landeshälften. Das gilt besonders für die nach Zuwendung strebenden Mächte EU, USA und Russland. Alle sollten gleichermaßen nicht Sieg, sondern fairen Ausgleich anstreben - eine friedliche, selbstbestimmte und stabile Ukraine als guten Nachbarn für Ost und West.
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