Der Sozialschmarotzer
Wolfgang Hübner über die gelegentliche Verharmlosung des Falles Hoeneß
Geht es nach den vielen Freunden und den noch zahlreicheren Fans von Ulrich Hoeneß, dann könnte jetzt langsam mal Schluss sein mit der Aufregung um seine Steuerschulden. Der Fußballmanager, Wurstfabrikant und - wie man nun weiß - Geldjongleur hat selbst die Tonlage vorgegeben für die Beschwichtigungsarien: Ich habe einen schweren Fehler gemacht, sagte er selbst bei verschiedenen Gelegenheiten. Ein Fehler – wenn es weiter nichts ist. Genau so hören sich jetzt seine Sympathisanten an: Der »Uli« - der ja in der gesamten Medienlandschaft immer nur kumpelhaft Uli heißt, obwohl Ulrich in seinem Ausweis steht – der »Uli« habe einen Fehler gemacht, na gut, möglicherweise sogar eine dummen Fehler (wie niedlich), dafür muss er grade stehen, aber nun ist ja wieder gut. Und überhaupt: Hat er nicht schon genug gelitten? Dieser Hass! Diese Kampagnen! Wie sie alle auf ihm herumhacken!
Fast könnte einem der »Uli« leid tun. Aber nur fast. Denn er hat nicht einfach einen Fehler begangen, sondern sich jahrelang schwer kriminell verhalten. Offenbar systematisch. Mehr als 27 Millionen Euro Steuerschulden – da kann man schon von einem Kapital-Verbrechen sprechen. Und eben nicht von einem Fehler, der vielleicht mit der Strafe geahndet werden könnte, hundert Mal den Satz »Ich soll nicht schummeln« aufzuschreiben. Der Straftäter Hoeneß ist genau das, was zu sein er abstreitet: ein Sozialschmarotzer. »Ich bin kein Sozialschmarotzer« erklärte er weinerlich und wies darauf hin, dass er Millionen für wohltätige Zwecke gespendet hat. Nur: So funktioniert der Staat nicht – dass Leute mit viel, sehr viel Geld etwas geben, wenn sie Lust haben, und es lassen, wenn sie keine Lust haben. Hoeneß ist kein Mäzen der Gesellschaft, sondern steuerpflichtiger Bürger. Längst kursieren Listen mit Beispielen, was man mit den von ihm hinterzogenen Steuermillionen alles hätte finanzieren können. Da drängt sich das Wort Sozialschmarotzer geradezu auf.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.