Einzeltäter sind Gefahr für Flüchtlinge
Senat sieht rechtsextreme Netzpropaganda mit Sorge
Ob die Anschläge der vergangenen Wochen auf das Flüchtlingscamp am Kreuzberger Oranienplatz einen rechtsextremen Hintergrund hatten, kann Innensenator Frank Henkel (CDU) noch nicht sagen. Die Ermittlungen dazu laufen weiter, erklärte er am Mittwoch im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Innenbehörde geht unterdessen davon aus, dass eine »diffuse Gefährdung vereinzelter radikalisierter Täter« existiert. Soll heißen: Es gibt zwar keine konkreten Erkenntnisse, aber es kann nach dem Brandanschlag auf ein Zelt des Camps, in dem ein Mensch schlief, derzeit auch nicht ausgeschlossen werden, dass Personen Nachahmungstaten planen.
Mit Sorge beobachten Innensenat und Verfassungsschutz vor allem die Proteste gegen die Flüchtlinge im Internet - insbesondere auf den verschiedenen sogenannten Nein-zum-Heim-Seiten im sozialen Netzwerk Facebook. Auch die laut Behörden bedeutendste Homepage der virtuellen Hetze bei Facebook, das Profil der Bürgerbewegung Hellersdorf, steht im Fokus. Weil auf der Internetpräsenz jüngst zwei Musiksongs veröffentlicht wurden, in deren Texten die NS-Diktatur glorifiziert, die jüdischen Opfer des Holocaust verunglimpft und rassistische Argumentationen bedient werden, erkennen die Innenbehörden sogar einen Verstoß gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.
Doch wie immer in solchen Fällen, wo der Serverbetreiber nicht in Deutschland sitzt, ist es schwierig, an die Personen heranzukommen, die hinter der Hetze stecken. Ähnliche Probleme hatten die Strafverfolger vor drei Jahren bei der inzwischen abgeschalteten rechtsextremen Internetseite »Nationaler Widerstand Berlin«. »Unsere Einflussmöglichkeiten sind gering«, räumt Bernd Palenda ein. Für den Chef des Berliner Verfassungsschutzes wurde die Ausgrenzung von Bevölkerungsteilen durch die NPD nicht nur während des Bundestagswahlkampfes instrumentalisiert, sondern wird es auch zurzeit im Europa-Wahlkampf. In Nordrhein-Westfalen gebe es derzeit dasselbe Problem, sagt Palenda.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.