Ein Umbruch steht bevor

Im deutschen Frauen-Biathlon erscheint eine Zäsur unausweichlich, im Saisonrückblick stehen die Trainer Hönig und Groß in der Kritik

  • Sandra Degenhardt, Oslo
  • Lesedauer: 3 Min.
Andrea Henkel ging als letzte Grande Dame von Bord. Nun gilt es, die Saison aufzuarbeiten. Wer künftig die verantwortlichen Trainer sind, steht noch nicht fest.

Pessimismus ist nichts für Andrea Henkel. Die seit Sonntag zurückgetretene Biathlon-Olympiasiegerin weiß, dass schwere Zeiten auf das deutsche Damenteam zukommen. Schwarzmalen indes will sie nicht. »Das Potenzial in der jungen Mannschaft ist da, darauf kann man aufbauen. Aber es braucht vielleicht das eine oder andere Jahr«, meinte die 36-Jährige, die nicht mehr als Leitfigur zur Verfügung steht. Die Last des Erfolgsdrucks liegt nun auf Miriam Gössner und den erst 20-jährigen Laura Dahlmeier und Franziska Preuß.

»Bei den Männern hat man nach 2010 auch gesehen, dass es wieder nach oben geht. Warum soll das nicht auch bei den Frauen funktionieren? Es gibt viel zu tun, aber es ist nichts Unmögliches und noch nichts verloren«, meinte die achtmalige Weltmeisterin zuversichtlich. Sie schränkte im selben Atemzug die Erwartungen der erfolgsverwöhnten Fans aber ein: »Man kann nicht erwarten, dass die Podestplätze in Serie kommen, das geht nicht von einem Tag auf den anderen.«

Doch bevor der nötige Neuaufbau starten kann, steht die Aufarbeitung der abgelaufenen Saison auf dem Programm. Und die dürfte vor allem für die Damentrainer Gerald Hönig und Ricco Groß alles andere als angenehm werden. Bei der Trainertagung Anfang April müssen sie erklären, warum erstmals in der Olympia-geschichte die Damen keine Medaille holten.

Insgesamt nur fünf Podestplätze in der Saison erfüllen den eigenen Anspruch nicht. DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller hatte prompt trainingsmethodische Fehler als Ursache vermutet. »Fehler sind gemacht worden. Vor allem im betreuten Bereich, im mentalen Bereich. Wenige, denke ich, in der Trainingsmethodik«, sagte der scheidende Chefbundestrainer Uwe Müssiggang im ARD-Hörfunk.

Dass die Erfolge nach der Goldenen Generation um Kati Wilhelm, Andrea Henkel und Magdalena Neuner ausbleiben, kommt nicht unerwartet. Dahlmeier und Preuß sind hoch talentiert, jedoch keine Ausnahmetalente wie einst Neuner. Aber das Image richtig ramponiert haben die öffentliche Trainerkritik und die Dopingaffäre Evi Sachenbacher-Stehle. Die nur noch im IBU-Cup startende Kathrin Lang warf den Coaches Feigheit vor, Nominierungen würden nur noch nach Gesicht und nicht nach Leistung gehen. Die Kommunikation ist offenbar nicht die beste. So wusste Müssiggang nichts davon, dass Lang verletzt war. Sie sollte für den Weltcup in Kontiolathi nominiert werden, war aber schon eine Weile außer Gefecht gesetzt.

Zudem warf Rekordolympiasiegerin Neuner den Verantwortlichen Unverantwortlichkeit vor. Franziska Preuß hatte bei ihrer Olympiapremiere in Sotschi entnervt das Einzelrennen aufgegeben und war noch an der Strecke in Tränen ausgebrochen. Sie wollte gar nicht laufen, soll von den Trainern quasi genötigt worden sein, wie Neuner erzählte. Anschließend erlebte Preuß in der Staffel mit Sturz und Stockbruch das nächste Drama. »Da stimmt irgendwas im Zwischenmenschlichen nicht«, hatte Neuner angemahnt. Müssiggang gab zu: »Die jungen Athletinnen waren mental etwas überfordert.« Zugleich sollte man aber »die Konzepte nicht komplett über den Haufen werfen«.

Jetzt hoffen alle auf ein schnelles und vor allem erfolgreiches Comeback von Miriam Gössner, die wegen einer schweren Rückenverletzung Sotschi auslassen musste. »Ich denke, dass ich im Mai wieder ganz normal mit dem Training anfangen kann und schmerzfrei bin. Ich will am Winterstart wieder ganz vorne mitlaufen und die Leistungen zeigen, die ich früher zeigen konnte«, sagte die Garmischerin. dpa

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