Es begann in Lübeck
Vor 20 Jahren brannte zum ersten Mal nach 1945 eine deutsche Synagoge
Berlin. In der Nacht zum 25. März 1994 flogen Molotowcocktails auf die Synagoge in Lübeck. Zwei Räume brannten vollständig aus, die fünf Bewohner konnten das Gebäude jedoch rechtzeitig verlassen. Acht Monate später wurden vier Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren schuldig gesprochen. Sie sollten für zweieinhalb bis viereinhalb Jahre hinter Gitter.
Der damalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden Ignatz Bubis bezeichnete die rechtsextreme Partei Deutsche Volksunion (DVU), die mittlerweile aufgelöst wurde, als »geistigen Brandstifter«. Tatsächlich gab der Angeklagte Niko Trapiel später an, DVU-Propaganda bestellt und verteilt zu haben. Faktische Drahtzieher hinter dem Anschlag wurden im Verfahren ausgeschlossen.
Seit dem Anschlag auf die Synagoge in Lübeck wurden in Deutschland immer wieder jüdische Gotteshäuser angegriffen. Die Bundesregierung gibt in einer Antwort auf eine Anfrage der LINKEN-Bundestagsabgeordneten Petra Pau 82 Anschläge allein in den Jahren 2008 bis 2012 an. Die Zahl antisemitischer Anschläge und anderer Vorfälle ist allerdings viel höher. Die Amadeu Antonio Stiftung listet rund 65 pro Jahr auf. Darunter fallen aber nur solche, die Medienecho gefunden haben. »Wer glaubt, Antisemitismus sei in Deutschland nach dem Holocaust endgültig verschwunden, täuscht sich. Antisemitische Straf- und Gewalttaten werden in Deutschland regelmäßig registriert«, heißt es auf der Internetseite der Stiftung. Den Anfeindungen sei gemeinsam, dass sie »nichts mit dem tatsächlichen Verhalten, Handeln oder Dasein von Jüdinnen und Juden zu tun haben«. Juden wird - wie Ausländern auch - die Verantwortung für gesellschaftliche Probleme, Konflikte und Ängste zugeschoben. Auch Trapiel soll Asylbewerber beschuldigt haben, für die Wohnungsnot in Lübeck verantwortlich zu sein. jot
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